Die Fußballerinnen des FC Viktoria 1889 Berlin manövrieren sich langsam aber sicher aus dem Titelrennen
von Matthias Vogel
Im Stadtderby gegen den 1. FC Union Berlin kassierte die Fritsch-Elf die zweite 0:1-Niederlage in Folge. Der Treffer des Tages gelang Lisa Heiseler. Auf dem holprigen Geläuf im Stadion am Ostpreußendamm bekamen die Zuschauer ein mäßiges Regionalliga-Spiel zu sehen.
Trocken und uneben war der Rasen im Stadion, da fällt strukturiertes Passspiel schwer bis flach. Dementsprechend zerfahren war das Topspiel. Dementsprechend wenige konzertierte Torraumszenen brachten die ewigen Rivalen auf den Platz. Dementsprechend hoch war die Hürde für einen Viki-Sieg? „Nein, das ist nicht der Grund“, sagte eine maßlos enttäuschte und bewegte Viki-Kapitänin Stephanie Gerken nach Abpfiff. „Wir sind himmelweit von der Viktoria entfernt, die wir mal waren. Das war doch zuletzt doch auch auf Kunstrasen so. Der Sieg für Union geht absolut in Ordnung.“

Das Team aus Lichterfelde hätte das Ergebnis dennoch zu seinen Gunsten gestalten können, nein müssen. Denn auch Union präsentiert sich in dieser Saison nicht so stark wie in den vergangenen Spielzeiten, so auch an diesem Sonntag. Und das Chancenplus lag eindeutig bei den Himmelblauen. Das erste Mal wurde es Mitte der ersten Hälfte gefährlich vor dem Tor der Eisernen. Selina Grosch spielte auf Strafraumhöhe nach innen und startete durch, Anina Sange hob ihr den Ball wunderschön in den Lauf, Grosch passte flach auf den zweiten Pfosten und dort kam Gerken nur eine Stiefelspitze zu spät – vorbei!
Direkt im Anschluss hieß es für die Zuschauer innerhalb kürzester Zeit: Zweimal kräftig durchatmen, je nach Lager. Nach Kombination mit Elisa Spolaczyk und Pressschlag Nummer ein mit Viktorias Innenverteidigerin Tatjana Fandre, setzte Lisa Heiseler zum Pressschlag Nummer zwei mit Torhüterin Inga Buchholz nach. Der Ball trudelte in Richtung 0:1, doch Selina Grosch kam angerast und hinterließ den Torraum besenrein. Fast im Gegenzug fuhren die Gastgeberinnen einen Konter über links. Corinna Statz erspähte Trinity Künzel auf der rechten Seite – ohne Bodyguard unterwegs. Dem Pass folgte die Direktabnahme – Außennetz.
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Apropos Außennetz, apropos Statz. Die schnelle Stürmerin könnte tatsächlich als tragische Figur des Matches herhalten. Während der ersten Schicht packte sie das Spielgerät an die gleiche Stelle wie Künzel zuvor, nur auf der linken Seite. Dann fand sie sich jeweils kurz nach der Pause und etwa eine Viertelstunde nach dem Tor des Tages alleine in bester, weil zentraler und naher Position vor dem von Sarah Duszat gehüteten Union-Tor wieder. Nach Vorarbeit von Fandre und Künzel lenkte allerdings ein Abwehrbein ihren Schuss noch zur Ecke (48.) und später waren dann Deja Vu und Haareraufen angesagt für sie: Exakt vom gleichen Standort aus zischte ihr Schuss links am Pfosten vorbei.
Lisa Heiseler hatte ihre Gier auf ein Tor und den Sieg für ihr Team in der 53. Minute in Erinnerung gerufen. Aus der Tiefe nahm sie Anlauf, bezog die gut aufgelegte Spolaczyk als Wandspielerin mit ein und zog mit dem linken Fuß ab. Der Aufsetzer war für Buchholz kein Problem, aber auf diesem Boden durchaus eine gute Wahl der Mittel. Dann aber: Katja Orschmann ebnete den Weg für Heiselers Erfolgserlebnis. Ihren Vertikalpass aus der eigenen Hälfte erhastete Spolaczyk auf der halblinken Position. Die Stürmerin schüttelte ihre Verfolgerin ab und beförderte den Ball mit dem linken Fuß nach innen. Lena Bucher warf sich in den Kampf um die Kugel mit vielen Beteiligten. Das lohnte sich, das Spielgerät rutschte nämlich deshalb durch zu Heiseler, die es nur noch in das leere Tor schieben brauchte (59.).

Aus dem Berg von jubelnden eisernen Ladies wurde nach dem Abfiff auch deshalb ein springender Ring, weil Viktorias Neuzugang Hannah Behrend nach tiptop Vorarbeit von Louise Trapp von der rechten Seite an Duszat scheiterte (62.) – ebenfalls aus bester Lage.
„Sehr ärgerlich! Was soll ich zu so einem Spiel sagen?“
„Heute hat die glücklichere Mannschaft gewonnen. Ein Unentschieden wäre dem Spielverlauf auch gerecht geworden“, sagte Unions Interims-Trainer Christian Liedke nach der Partie. Heiseler grinste übers ganze Gesicht und sagte: „Wir wollten das heute unbedingt und es war auch mal wieder an der Zeit für einen Sieg gegen Viktoria.“ Viki-Coach Johannes Fritsch war merklich frustriert: „Abgesehen von der Qualität des Platzes, die einem Regionalliga-Spiel einfach unwürdig war, lag es an der Chancenverwertung, wie alle sehen konnten. Sehr ärgerlich, was soll ich sonst zu so einem Spiel sagen? So haben wir mit der Meisterschaft wohl nichts mehr zu tun.“
Nach den beiden ersten Partien des Restprogramms ist die Viktoria von Platz eins auf Platz vier abgesackt.
Titelbild: Hüpfender Ring – Union feiert den Sieg im Stadtderby. Foto: Matthias Vogel
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