Kein Kraut gewachsen

von Matthias Vogel

Es war dann doch eine deftige Packung, die sich die Fußballerinnen des SFC Stern 1900 auf ihrem Platz gegen den 1. FC Union Berlin einhandelten. 0:7 prangte es schließlich in roten LED-Ziffern von der Anzeigetafel am Vereinsgebäude. Der Fritsch’sche Matchplan für seine Sterne war nach fünf Minuten bereits Makulatur, Torhüterin Nicole Bartholdi hatte da bereits zweimal hinter sich greifen müssen.

Ähnlich wie bei der knappen Pokalniederlage gegen den FC Viktoria wollte SFC-Trainer Johannes Fritsch kompakt in der Defensive agieren lassen und dann vorne durchaus auch mal situativ pressen gegen das Top-Team aus Köpenick. Den „worst case“ für diese Marschroute hatte er vor der Partie so zu Protokoll gegeben: „Eine frühe Führung für Union, die ja immer mal passieren kann.“ Das stimmt, die Eisernen Ladies warten seit dem Auftakt-Remis bei Babelsberg (0:0) mit einer äußerst torgefährlichen Offensive auf, hatten vor dem Gastspiel auf dem Sterner sechs Punkte und 13 Tore auf ihre Habenseite des Tableaus geschaufelt.

Nutzt jede Chance zum Torschuss: Der „Eiserne“ Linksfuß Elisa Spolaczyk machte zwei tolle Tore zum 0:1 und 0:3. Foto: Matthias Vogel

Dennoch hätte der Doppelpack in der 4. und 5. Spielminute nicht sein müssen. Beim 0:1 wanderte der Ball zwar sehr schnell durch die Unioner Reihen vom rechten Flügel ins Zentrum, doch warum Elisa Spolaczyk dann zwischen Elfmeterpunkt und Strafraumkante derart blank gespielt werden konnte, darüber durfte gerätselt werden. Jedenfalls nutzte Spolaczyk den Freiraum, um die Kugel kompromisslos und halbhoch zur Führung in die Maschen zu dreschen. Eine Minute später war das Sterner Unglück perfekt: Eine harmlose flache Hereingabe von Josi Bonsu von der rechten Seite bugsierte Roxana Nowak unhaltbar für Bartholdi ins eigene Netz.

Stern zu drucklos

Die Partie bekam einen anderen Charakter als von Fritsch geplant, musste sie ja nun auch. Aus dem situativen wurde ein häufigeres Anlaufen der Steglitzer Offensive. Das provozierte auf der einen Seite durchaus ein paar Unsauberkeiten im Unioner Aufbauspiel, mehr Kapital als vereinzelte, zu drucklose Schüsse und eine wegen Abseitsstellung abgepfiffene Großchance durch Alexia Boldt konnten die Gelbhemden daraus aber nicht schlagen. Auf der anderen Seite hatte Union jetzt reichlich Platz, sich nach vorne zu kombinieren, im Zuge einer solchen Stafette hätte Celine Frank auf 0:3 stellen müssen, als sie alleine durch war, den Ball aber rechts neben das Tor setzte.

Schwerer Stand: Anne-Kathrin Seifert (am Ball) gegen Elisa Schindler, Yara Scheffler sichert ab. Foto: Matthias Vogel

Sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Hälfte machte Gästetrainerin Juliane Guhr jeweils eine Phase aus, in der ihre Schützlinge mehr die Breite als die Tiefe bespielten. „Und wenn es in die Tiefe ging, sind uns zu viele Pässe zu steil geraten, obwohl wir angesprochen hatten, bei diesem Regen und dem glitschigen Boden uns die Bälle lieber in den Fuß zu spielen.“ So geschehen dann doch noch einmal vor der Pause – und prompt von Erfolg gekrönt. Spolaczyk konnte die Kugel auf dem linken Flügel mit dem ersten Kontakt in den Lauf mitnehmen, dampfte ab und nagelte den Ball mit ihrem starken linken Fuß rechts unten in die Ecke, Bartholdi war erneut machtlos (37.).

Flügelflitzerinnen im Duell: Sterns Kimberly Lange (li.) und Unions Josephine Bonsu. Foto: Matthias Vogel

Aus den Ecken müsse ihr Team künftig mehr machen, lautete noch ein Kritikpunkt von Guhr. „Aber das ist alles schon das berühmte Jammern auf hohem Niveau. Ich bin schon sehr zufrieden heute“, sagte sie. Zurecht, zumal ja Bonsu nach sehenswerter Blitzkombi der halben Unioner Elf das 0:4 (54.) besorgte, Celine Frank und Maria Zander Zeidam jeweils nach schönen Angriffen und Zuspielen von der linken Seite nur noch den Fuß zum 0:5 und 0:6 hinhalten mussten (80., 86.) und Frank zum Schluss das nachholte, was ihr in der ersten Halbzeit noch misslungen war: Das Spielgerät nach feinem Steckpass und Alleingang im gegnerischen Gehäuse unterzubringen. 0:7 (89.). Irgendwann zwischen Treffer 4 und 5 hätte Stern ein Tor verdient gehabt. Boldt wurde auf der linken Seite frei gespielt und zog aus der Ferne sofort mit dem linken Fuß ab – Unions zur Pause eingewechselte Torhüterin Leonie Faust musste sich ordentlich strecken, um den satten Schuss zu entschärfen.

„Der Sieg geht auch in dieser Höhe in Ordnung“, sagte Fritsch am Ende. Für ein besseres Ergebnis sei seine Mannschaft an diesem Tag einfach nicht handlungsschnell genug gewesen. „Auch wenn wir sicher auf jeder Position Union unterlegen sind, war ich mit dem Spiel gegen den Ball gar nicht mal so unzufrieden“, sagte der SFC-Trainer. „Was mich viel mehr stört ist, dass wir nach Balleroberung zu viele Fehler machen.“ Für ihn war die Pleite ein weiteres Teil im Entwicklungs-Puzzle seiner zu Saisonbeginn neu formierten Truppe. Die nächsten beiden Spiele gegen Hohen Neuendorf und Türkiyemspor seien es, auf die es jetzt ankäme.“

Unions Trainerin Juliane Guhr macht sich Notizen. Sicher kreisten ihre Gedanken auch schon um das Topspiel am kommenden Wochenende. Foto: Matthias Vogel

Und Union? Ballerte sich ein Stückchen weiter in den Windschatten von Klassenprimus Viktoria. 20 Kisten in drei Spielen dürften im Aufeinandertreffen der beiden Spitzenteams am kommenden Wochenende in Köpenick für reichlich Selbstbewusstsein sorgen.


SFC Stern 1900 – 1. FC Union Berlin … 0:7 (0:3). Sterne: Bartholdi, Göttfried, Gohlke, Kleinfeld, Gaese, Nowak, Schulze, Armanious, Seifert, Boldt, Lange. Eingewechselt: Patz, Dewjatkina. Eiserne Ladies: Duszat, Scheffler, Bach, Frank, Heiseler, Bonsu, Ahlswede, Orschmann, Spolaczyk, Schrey, Schindler. Eingewechselt: Görsdorf, Zander Zeidam, Faust, Almasalme, Pearl. Tore: 0:1, 0:3 Spolaczyk (4., 37.), 0:2 ET Nowak (5.), 0:4 Bonsu (54.), 0:5, 0:7 Celine Frank (80., 89.), 0:6 Zander Zeidam (10). Schiedsrichterin: Katharina Kruse. Zuschauer: 80.

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von Anders Noren.

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