In Buchholz: Pokal-Drama in drei Akten

In der ersten Hauptrunde des Polytan-Pokals der Frauen war vielleicht hier ein Ergebnis knapper und dort eines deutlicher als erwartet. Die faustdicke Überraschung aber blieb aus. Dafür lieferten sich der Moabiter SV mit dem SC Borsigwalde und der SV Buchholz mit dem SC Charlottenburg in zwei Landesliga-Duellen amtliche Pokal-Schlachten, die erst nach dem Elfmeterschießen einen Sieger fanden.

Moabiter FSV – SC Borsigwalde … 5:4 n.E. (0:0, 0:0). In einem temporeichen Match auf dem Nebenplatz des Poststadions bearbeiteten sich die beiden ambitionierten Landesligisten zwei Stunden lang auf Augenhöhe, ohne Kapital aus ihrer großen Zweikampf- und Lauffreude zu schlagen. Der FSV war dabei immer einen Ticken näher an der Führung dran, hatte insgesamt mehr Tormöglichkeiten. Beispielsweise bekam Jule Klandt in der ersten Hälfte das Spielgerät zweimal in aussichtsreicher Position auf den Schlappen serviert, traf es dann aber nicht richtig. Ein anderes Mal setzte sich die blendend aufgelegte Außenverteidigerin Lioba Virchow auf dem rechten Flügel durch, passte flach und maßgeschneidert in den Rückraum auf Rieke Godenrath, die aber ein wenig in Rücklage geriet und den Ball knapp über das SC-Gehäuse wuchtete. Auf der anderen Seite konnte Moabit vom Glück sagen, dass die SC-Top-Torschützin Coralie Kokott das Visier nicht richtig eingestellt hatte. Eigentlich bei den beiden Innenverteidigerinnen Hannah Holletzek und Felizitas Schlechta in guten Händen, entwischte sie dennoch zweimal dem Deckungsverband, schob den Ball aber jeweils – alleine vor Torhüterin Pia Brozek – neben die Kiste.

Immer viel Personal in Ballnähe: Der Moabiter und Borsigwalde zeigten ein intensives Pokal-Match auf Augenhöhe. Foto: Matthias Vogel

„Eigentlich hat sich dieses Gesamtbild bis zum Elfmeterschießen nicht verändert“, berichtete Moabits Trainer Martin Meyer, „und im Elfmeterschießen waren wir dann kalt wie Hundeschnauze“. Schlechta, Virchow, Malou Linke und Julia Kovtun trafen für das Team aus Mitte ins Schwarze, die fünfte Schützin musste nicht mehr antreten, weil Borsigwalde bereits zweimal verballert hatte.

Hätten gut und gerne während der regulären Spielzeit zweimal für ihre Farben treffen können: Borsigwalde-Stürmerin Coralie Kokott (li.) und FSV-Capitana Jule Klandt. Foto: Matthias Vogel

Regelkonform hatte Moabit schon nach einer Stunde die nächste Runde erreicht. SC-Coach Rainer Lux hatte sich „verwechselt“, weil er eine bereits ausgetauschte Spielerin wieder auf’s Feld schickte. Martin Meyer: „Wir haben das registriert aber nichts gesagt, um die Spannung nicht aus der Partie zu nehmen.“ Den Fauxpas des Gästetrainers also nur im Sinn, blieb es packend bis zum Schluss und Meyer zog zufrieden das Fazit: „Wir wollten Borsigwaldes Offensive so gut es geht aus dem Zentrum raushaben, das haben wir geschafft. Der Matchplan ist aufgegangen. Sonderlob haben heute Lio Virchow, Judith Mülders und Inga Müller verdient.“


1.FC Wacker 1921 Lankwitz – Berolina Mitte … 0:1 (0:1). Fünf Stammkräfte hatte Bero-Coach Oliver Thomaschewski beim Auswärtsspiel in Lankwitz nicht dabei – unter anderem fehlten Katharina Vom-Dahl und in Jessica Albrecht sowie Kim Nenninger die etatmäßige Innenverteidigung. „Das Ergebnis war nicht so hoch, wie vielleicht erwartet, aber dafür, dass wir derart umstellen mussten, war das durchaus in Ordnung.“ Die Partie spielte sich hauptsächlich im Mittelfeld ab, Bezirksligist Lankwitz machte es Berlin-Ligist Bero schwer. „Wir haben keine Chancen kreieren können, aber auch keine zugelassen.“ Dickes Lob von Thomaschewski erhielten Djamila Hohmann und Lia Hartung für ihr gelungenes Pflichtspiel-Debüt als Innenverteidigerinnen. Den Treffer des Tages erzielte Lotte Wagner, die sich in der 9. Spielminute ein Herz fasste und von der 16er-Kante einnetzte.


FC Internationale – Friedrichshagener SV … 5:0 (3:0). „No Deal“ war der Friedrichshagener SV für die Schöneberger Elf von Trainer Roman Kassarnig auf dem schmucken Rasenplatz am Priesterweg. Inter war von Anfang bis Ende dominant, ließ im Berlin-Liga-Duell während der gesamten Spielzeit keine echte Torchance für die Gäste zu. Auffällig war dabei die körperliche Präsenz und stringentes Positionsspiel. Zur Pause war der Drops folgerichtig schon gelutscht, Emma Niedner (12.) und Lucy Grote per Doppelpack (14., 43.) ließen Inter mit einer komfortablen Führung die Seiten wechseln. Isabell Höntze setzte kurz danach mit einem sehenswerten Heber das 4:0 in die Maschen, den Endstand fixierte SV-Keeperin Jennifer Böttcher, die sich eine Ecke auf „die erste Stange“ – wie Kassarnig es sagen würde – ins eigene Tor klatschte (83.). Der Inter-Coach konnte gar nicht anders, als mit der Leistung seiner Mannschaft zufrieden zu sein, sein zerknirschter Gegenüber Stefan Götze sagte nach dem Spiel: „Gut, wir waren nicht komplett und Inter stark. Trotzdem waren wir heute auch nicht griffig in den Zweikämpfen und auch nicht laufbereit genug. Und die Nummer 4 haben wir überhaupt nicht in den Griff bekommen.“ Im Inter-Jersey mit dieser Ziffer steckte übrigens Kelly O’Neil Mc Kay, die drei Treffer vorbereitete.

Daumen hoch für seine Elf: Roman Kassarnig war mit Inters Auftritt hoch zufrieden. Foto: Matthias Vogel

Götze haderte auch mit dem Corona-Gebaren der Gastgeber: „Uns wurde gesagt, wir dürfen eine halbe Stunde vor Spielbeginn erst auf die Anlage. Meine Mädels kamen deshalb umgezogen zum Spiel. Wenn man dann mitbekommt, dass die Inter-Spielerinnen eineinviertel Stunden vor dem Spiel schon im Kabinentrakt herum turnen, dann hat das schon ein Gschmäckle“, sagte der Friedrichshagener Coach. Letztendlich habe man dann nur in der benachbarten Halle eine Kabine bekommen. Die ungenügende Spielvorbereitung wollte er aber nicht als alleinigen Grund für die deutliche Niederlage gewertet haben wissen.


FSV Hansa 07 – Borussia Pankow … 2:6 (1:1). Landesligist Hansa machte es wie jedes Jahr: nämlich richtig. Anstatt über unangenehme Gegner zu stöhnen, zelebriert die Truppe des Trainers Kai Weber ihre Auftritte im Berliner Pokal. Viel Unterstützung von den Rängen, dazu der kleine Platz – mit diesem berlintypischen Kunstrasen-Sand-Gemisch in die Jahre gekommener Plätze als Belag – sowie der große Wille, den Kontrahenten zumindest ordentlich zu ärgern, machte den Borussinnen, Top-Team der Berlin-Liga, das Leben schwer.

Pankows Trainerin Josi Ruß hatte sich zwar schon so etwas in dieser Richtung gedacht, aber als Andrea Pürstinger kurz nach der Pause das 2:1 für Hansa markierte (50.) schwante ihr schon das Pokal-Aus. Denn ihr Team hatte sich bis dato immer wieder im Zentrum festgelaufen, hatte das Einzelspiel übertrieben, fand kein Durchkommen. Ruß musste handeln, brachte also kurz nach der Führung des Underdogs in Monique Kerschowski und Jullien Ramirez „mehr Geschwindigkeit“ auf den Platz. Das zog, „von da an war es ein anderes Spiel“, konstatierte Ruß. Oder anders: Kerschowski bereitete vor, Ramirez traf. Drei Kisten markierte die schnelle Kanadierin im Dienste der Borussia (55., 66., 88.), Alex Friese steuerte nach ihrem Führungstreffer zum 0:1 (10.) einen weiteren Treffer bei (62.), Caro Klausch traf nun endlich auch (71.). Den Ausgleich zum 1:1 hatte Hansa-Rückkehrerin Susanna Pracht besorgt (12.).

Am Ende stand ein deutlicher Sieg für den Favoriten, für Ruß aber nicht „so deutlich“, wie es das Ergebnis vermuten ließe. „Hansa hat das nicht nur defensiv gut gemacht, sondern hatte durchaus noch Chancen für zwei weitere Tore. Das geht nicht“, fand die Borussen-Trainerin. „Und auch wenn der Gegner kompakt steht, sollten wir in der Lage sein, Lösungen zu finden.“ Allzu sehr grämen braucht sich Ruß gar nicht, vor ziemlich genau einem Jahr musste sich auch Regionalligist FC Viktoria 1889 Berlin ganz schön strecken für einen 4:0-Sieg in der Wrangelritze. So ist das eben, wenn der Pokal gelebt und nicht nur „ertragen“ wird.


TSV Mariendorf 1897 – FFC Berlin 2004 … 4:0 (2:0). Auf dem glitschigen Kunstrasen im Schatten des Stadions an der Prühßstraße kam zumindest während der ersten Hälfte kaum Fußball zustande. Mariendorf hatte optisches Übergewicht und auch ein, zwei gute Chancen. Die wurden aber kläglich vergeben. Der FFC fand in der Offensive so gut wie nicht statt. Die Schlüsselszenen waren sicher die beiden späten Tore vor dem Pausenpfiff. In der 34. Minute traf Jessica Hartwig zur Führung, Martina Lindemann erhöhte kurz vor knapp noch auf 2:0 (45.).

Mariendorfs Neuzugang Manon Tosch markierte das 3:0 gegen den FFC Berlin 2004. Foto: Matthias Vogel

Mariendorf hat sich zum Saisonwechsel mit der ehemaligen Leistungsträgerin des Adlershofer BC, Manon Tosch, verstärkt. Auch ihr fiel es im Zentrum schwer, das zerfahrene Spiel zu ordnen. Dafür traf sie zehn Minuten nach der Pause zum 3:0. Doreen Mierschalla erhöhte gegen einen schwachen FFC noch auf 4:0 (83.).


SC Staaken – Sp.Vg. Blau Weiß 1890 Berlin … 1:5 (1:1). Bis zur Pause war für den SC Staaken im Vergleich mit dem Berlin-Liga-Konkurrenten Blau Weiß noch alles im Lot. Obwohl nach vorne laut Gäste-Keeperin und 90er-Pressesprecherin Annelie John für die Heimmannschaft nicht viel ging. Es brauchte schon einen kapitalen Fehlpass der Blau Weißen im Spielaufbau, damit Victoria Brodziak Staaken in Führung bringen konnte (22.). Lang hatte die nicht Bestand, weil die Ex-Marzahnerin Vasfije Elezi von links in die Mitte zog und aus relativ spitzem Winkel den Ball von der Strafraumkante aus an den langen Innenpfosten knallte (33.): 1:1. Lena Pflanz traf in der zweiten Schicht zum 1:2 und spätestens als Constanze Hess einen an Alexandra Enge verursachten Foulelfmeter – Enge wurde laut John regelrecht „umgehakt“ in der Box – sicher verwandelte (66.), brach Staaken auseinander. „Sie wirkten danach lustlos“, stellte John fest.

Enge, von links in den Strafraum eindringend, aber nun nur „angehakt“, blieb diesmal aufrecht und wurschtelte dann den Ball zum 1:4 über die Linie (78.). Den Schlusspunkt setzte Margareta Lorenz, die mit dem 1:5 in der 81. Minute ein dickes Ausrufezeichen hinter ihrer laut John „großartigen Leistung auf der Sechs“ setzte. Jetzt hoffen die Fußballerinnen von der Rathausstraße auf ein gnädiges Los in der nächsten Runde: „Hoffentlich nicht Union oder Viktoria, die haben uns in der jüngeren Vergangenheit immer ordentlich zerlegt.“


SV Buchholz – SC Charlottenburg 9:8 n.E. (1:1) (3:3). Ein an Dramaturgie schwerlich zu übertreffendes Match fand im SV Buchholz einen glücklichen Sieger. Jedenfalls sieht es SCC-Coach Daniel Kübler so: „Ich sage das selten, aber heute hat die Partie definitiv den falschen Sieger“, diktierte er der Presse in die Notizblöcke. Während die Konkurrenz-Blogger mit diesem Statement zufrieden abdrehten, blieb rasenperlen.com noch an seinen Lippen kleben. Und höre da! „Ich bin echt angepisst“, wetterte Kübler.

Dominant sei seine Elf gewesen, habe die starke Buchholz’sche Torhüterin Justine Kramer zu „Glanzparaden en masse“ gezwungen und sei verdient durch Mandy Brosius in Führung gegangen (53.). Was danach folgte, passt tatsächlich nur schwerlich auf die berühmte Kuhhaut. In der 5. Minute der Nachspielzeit rettet sich Buchholz durch ein Eigentor von Johanna Becker in die Verlängerung. „Kein Vorwurf an sie, sie konnte in dieser Situation gar nicht anders“, sagte ein noch einigermaßen ruhiger Kübler.

In der Verlängerung brachten dann Rebekka Frank und die eingewechselte Laura Schöpfel den SC Charlottenburg wieder auf den eingeschlagenen Kurs: 1:3 (91., 103.). Schöpfel verletzte sich dann in einem harmlosen Zweikampf so schwer am Knie, dass sie mit der Trage vom Feld und vom Rettungswagen abtransportiert werden musste. „Der Schiedsrichter hat uns ob der Dramatik dann gefragt, ob wir das Spiel gerne abbrechen würden. Wir hatten keinen Wechsel mehr übrig, wollten den Vorsprung aber über die Bühne bringen“, berichtete Kübler. Das gelang nicht: 120. plus 7: Vivien Rogatzki verkürzt für Buchholz auf 2:3. 120. plus 11: Elisa Lunnebach egalisiert: Elferrittern, und Kübler am Rande des Durchdrehens. „Nachspielzeit war wegen der Verletzung natürlich okay. Aber sowohl nach 90, als auch nach 120 Minuten lässt Schiedsrichter Kan Lindner, der ansonsten wirklich gut gepfiffen hat, deutlich länger spielen als er angezeigt hat. Das geht einfach nicht!“

Was folgte, war ein hoch dramatisches Finale, dessen Ausgang Kübler wiederum weniger wunderte: „Ich habe traditionell das Problem, dass bei mir keiner die Elfer schießen möchte.“ Buchholz gewann jedenfalls mit 9:8, Charlottenburg ist raus, und Kübler? Sagte: „Ich wiederhole mich gerne, heute gab es definitiv den falschen Sieger.


1.FC Schöneberg – Lichtenberg 47 … 2:7 (0:4). Landesliga gegen Berlin-Liga, Sorgenkind gegen Sorgenkind. Lichtenberg hatte im Vergleich der beiden Kellerkinder generell die Hosen an, hätte aber vor der Führung durch Philia Henning (5.) durchaus in Rückstand geraten können: Nicola Linke vergab freistehend vor der 47er-Torhüterin Juliana Heynen. Henning war das freilich wumpe, in der 25. Minute traf sie zum 0:2.

Die zwei Besten bei Li 47: Philia Henning (oben) und Anela Zakomac trugen je zwei Treffer zum 7:2-Auswärtssieg bei. Foto: Matthias Vogel

Die starke Denise Dworkowski erhöhte auf 0:3 (32.), ehe Anela Zakomac mit einem Bilderbuch-Kopfballtor eine Ecke von Henning veredelte (42.). Das Tor gefiel ihr offenbar so gut, dass sie es kurz nach der Pause kopierte: 0:5 (47.). Marie Sapiatz machte noch schnell das halbe Dutzend voll (49.), ehe Schöneberg sich aufbäumte, und durch Bianca Thoens und Linke (71., 83.) zu zwei nicht unverdienten Treffern kam. Kathleen Oelschlägel hatte dazwischen ihre gute Leistung mit einem weiteren Treffer für Lichtenberg gekrönt (75.). Ein verdienter Auswärts-Sieg des Favoriten, der vielleicht um zwei Tore zu hoch ausfiel.


Und was war außer dem heiß umkämpften Regionalliga-Derby zwischen der Viktoria und Stern (3:2) noch? Eisern Union fuhr nach anfänglichen Schwierigkeiten einen souveränen 7:1-Sieg beim Berlin-Liga-Aufsteiger SC Concordia ein, der SV Seitenwechsel trat zum Vergleich mit Hertha 03 Zehlendorf nicht an und die Partie zwischen Viktoria Mitte und den Spandauer Kickers musste wegen eines Corona-Falls bei Spaki abgesagt werden. Eine kleine Sensation gelang dem Bezirksligisten Berliner TSC mit einem 4:2-Sieg über den Landesligisten Sparta Lichtenberg und DFB-Pokal-Teilnehmer Neukölln setzte sich souverän mit 6:0 bei „Schmöcke“ durch. „Zweireiher“ gab es auch noch: Regio-Vertreter Hohen Neuendorf schenkte dem 1. FFV Spandau auf dessen Geläuf ein Dutzend Buden ein, Neu-Regionalligist Türkiyemspor versteckte dem Landesligisten Blau-Gelb zehn Eier im Nest, obwohl gar nicht Ostern ist.

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von Anders Noren.

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