Surprise, surprise!

von Matthias Vogel

Aufsteiger Concordia düpiert Blau-Weiß 90, Neukölln reist mit leeren Händen aus Lichterfelde ab und Borussia Pankow geht zuhause gegen Union II fürchterlich baden – der erste Spieltag der Berlin-Liga-Saison hatte es bereits in sich.

FC Viktoria 1889 Berlin II – BSV GW Neukölln … 1:0 (0:0)

Lichterfelde. 20 starke Anfangsminuten reichen einfach nicht aus, um den BSV Grün-Weiß Neukölln ins Wanken zu bringen, selbst wenn der ohne seine drei Top-Kickerinnen Alina Kapheim, Chantal Brück und Laura Lück auf dem Platz steht. Dessen wurde sich der zweite Anzug des FC Viktoria 1889 Berlin offenbar in der Halbzeitpause bewusst. Das war aus Sicht der Himmelblauen auch höchste Zeit, denn die Sengstock-Elf hatte bis dato ein klares Chancen-Übergewicht, das 0:0 war glücklich.

Viktorias Kapitänin Katha Engelmann war nicht vom Ball zu trennen, lenkte das Spiel ihrer Elf souverän und erzielte am Ende des Liedes auch noch das Tor des Tages. Foto: Franziska Daiger

Nach der Pause verschob sich das Momentum mehr und mehr zugunsten der Gastgeberinnen, auch weil die eingewechselte Mayumi Loredo Ahoki vorne ordentlich Betrieb machte. Dazu verlegte sich die Viktoria wieder mehr auf das Kombinieren. Das Tor des Tages fiel folgerichtig nach einem schönen Angriff über die rechte Seite. Ahoki brachte den Ball schließlich scharf vor die Neuköllner-Kiste, Sera Mettner scheiterte zunächst an der guten Torhüterin Lisa Schrama. Danach sprang der Ball Katha Engelmann vor die Füße und die Kapitänin des FC veredelte etwa vom Elfmeterpunkt aus ihre tolle Gesamtleistung mit einem platzierten Schuss in die rechte untere Ecke (77.).

Am Ende einer eher mittelmäßigen Berlin-Liga-Partie sagte Viki-Coach Matze Vogel: „Wir haben uns in der ersten Hälfte das Leben schwerer gemacht als nötig. Mit der zweiten Schicht bin ich aber hoch zufrieden. Der Treffer war verdient und für uns war es wichtig, diese Führung auch mal über die Runden zu bringen.“ Norbert Sengstock haderte ein wenig mit dem Unparteiischen. „Das war aber nicht der Grund für unserer Niederlage. Von den Spielerinnen, die heute für das fehlende Stammpersonal in die Bresche springen durften, kam definitiv zu wenig“, sagte er, und: „Der Sieg für Viktoria war nicht unverdient.“

Überschattet wurde die Partie durch schwerere Verletzungen von Romina Schmalbein und Renèe Gesche in der zweiten Halbzeit.


Lichtenberg 47 – Friedrichshagener SV … 0:2 (0:1)

Lichtenberg. „Beide Teams haben deutlich Luft nach oben“, urteilte Stefan Götze nach dem 2:0-Sieg seiner jungen Truppe bei Lichtenberg 47. Der Trainer des Friedrichshagener SV sprach aber auch von einem „verdienten“ Triumph, weil seine Schützlinge einfach mehr und bessere Möglichkeiten hatten. Die Führung erzielte Charlotte Rickert nach feinem Steckpass von Jolina Stübner. „Wir haben es dann leider versäumt, noch vor der Pause das 2:0 nachzulegen“, so Götze. Das passierte dann nach dem Seitenwechsel. Nach einem schönen Angriff über die linke Seite sprang der Ball zurück an die linke Ecke des Lichtenberger 16ers. Laura Salewski nahm Maß und hob die Kugel über Lichtenberger Torhüterin Juliana Heynen, laut Götze einer der besten Spielerinnen des Gegners an diesem Tag, hinweg zum 0:2 in die Maschen. „Zwei meiner Meinung nach reguläre Tore hat uns der Schiri wegen Abseitsstellung dann noch abgepfiffen“, so der SV-Coach. Einen Fernschuss der 47er fischte seine Keeperin Jennifer Bötcher aus der Ecke, das war’s. „Ganz wichtige Punkte für uns gegen einen Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt“, fand Götze.


Borussia Pankow – 1. FC Union Berlin II … 1:8 (0:6)

Pankow. Auf heimischem Geläuf mit 1:8 den Kürzeren zu ziehen, ist bitter. Noch unangenehmer wird es, wenn man eigentlich den Titel anstrebt und der Corona-Irrsinn nur eine Serie bedingt. Wer sich nun schadenfroh die Hände reibt, weil Borussia Pankow gegen den Titelkonkurrenten 1. FC Union Berlin II derartig unter die Räder kam, der möge folgende Szene aus in seine Wertung mit einbeziehen: Der eiserne Ball kommt von der rechten Seite ins Zentrum, perfekt hinter die Kette der Borussia. Pankows Neuverpflichtung, Ex-Turbine-Torhüterin Cordula Busack, kommt gegen die von links einlaufende Sandra Weihmann einen Schritt zu spät. Foul – keine Diskussion. Aber wo? Innerhalb der Box? Dann hätte es die Gelbe Karte für Busack und Strafstoß für Union gegeben. Schiedsrichter Ronny Seitz verlegt aber den Tatort nach außerhalb: Rot für Pankows Torhüterin, die ehemalige Nationalspielerin Monique Kerschowski muss für Busack-Ersatz Sophia Kirchhoff Platz machen, plus Freistoß – der Sekundenzeiger hatte gerade einmal zwei Runden absolviert.

„Bis zur 35. Minute haben wir das dann trotz Unterzahl ordentlich gemacht“, kommentierte Pankows Trainerin Josi Ruß die Malaise und den zu diesem Zeitpunkt gültigen 0:2-Rückstand ihrer Elf. Was dann kam, dürfe hingegen nicht passieren. „Bis zur Pause hat uns Union dann nochmal vier Buden eingeschenkt.“

Überfordert: Georgina Weinholz (li.), hier im Test gegen Viktorias Olivia Reinicke, hatte wie alle anderen Borussinnen im Vergleich mit Union II nichts zu bestellen. Foto: Matthias Vogel

Umstellen, das Beste aus der Situation machen, zusammenstehen. Das neue Motto der Gepeinigten führte immerhin noch zu einer akzeptablen zweiten Hälfte: Zwei Tore Union, der Ehrentreffer für die Borussinnen.

Oliver Hartrampf sagte nach dem Spiel: „Im 11 gegen 11 war ein hartes Match zu erwarten. Der Platzverweis hat den Matchplan der Borussia sicher vollkommen über den Haufen geworfen. Dazu hatten wir einen richtig guten Tag, was bei einer solch jungen Mannschaft nicht selbstverständlich ist.“ Aus der geschlossen guten Teamleistung wollte Unions Coach den Auftritt von Youngster Hannah Kratz hervorgehoben wissen, die innerhalb von einer Stunde drei der acht Köpenicker Treffer erzielte.

Josi Ruß: „Ich war emotional durch!“

Josi Ruß zeigte sich betroffen. „Ich war echt emotional durch mit der Übung. Ich bleibe aber dabei, etwas anderes zu sagen, als mit meinem Kader um den Titel mitspielen zu wollen, wäre nicht authentisch. Das Blöde bei nur einer Serie, bedingt durch die Corona-Krise, ist, dass wir jetzt schon fast auf einen Ausrutscher von Union hoffen müssen.“


FC Internationale – Spandauer Kickers … 3:1 (1:1)

Schöneberg. Der FC Internationale hat die ersten drei Punkte unter Dach und Fach. Zuhause gelang der Truppe des Trainers Roman Kassarnig ein 3:1-Sieg gegen die Spandauer Kickers. Grundlage für den Erfolg war ein aggressives Pressing. „Insgesamt hat das Inter sehr gut und clever gemacht“, musste Kickers-Coach Tom Winzer zugeben. Seine Mannschaft war sogar in Führung gegangen. Lisa Krüger bediente Lea Teutenberg aus dem Mittelfeld mit einem Steilpass, und die behielt im Eins-gegen-eins-Duell gegen Inter-Torhüterin Charly Mc Cormack die Oberhand (13.). Noch vor der Pause egalisierte Emma Niedner. Über rechts war sie der Kickers-Abwehr entwischt, ihr Geschoss – ob nun Flanke oder Torschuss – senkte sich in die lange Ecke, Spandaus Torsteherin Deborah Helmke war noch mit den Fingerspitzen dran (33.).

Helmke, selber eigentlich Feldspielerin, musste zur Pause mit einer Schulterverletzung aus dem Spiel genommen werden. Winzer beorderte Mittelfeldspielerin Nadja Ulrich zwischen die Pfosten und der unterlief in der 67. Minute ein folgenschwerer Fehlpass mitten hinein ins Zentrum. Nutznießerin war Aileen Buggisch, die den Ball exakt in der gleichen Minute ihrer Einwechslung zum 2:1 in die Kickers-Maschen verfrachtete (68.). Der Rest ist Fußball klassisch: Spandau macht auf, will den Ausgleich mit der Brechstange erzwingen. Lücken ergeben sich und durch eine von ihnen stößt ein Inter-Konter: 3:1. Gelesen ist die Messe, Inters Kapitänin Saskia Halfenberg macht den Deckel drauf (78.).

Winzer: „Inter gut, sehr fit. Wir hatten aber auch nicht unseren besten Tag, vor allem hat es mir an diesem letzten Willen meiner Spielerinnen gefehlt.“


SC Concordia Wittenau – Blau-Weiß 90 Berlin … 3:2 (2:1)

Tegel. Nicht, dass man es dem überragenden Landesliga-Meister der vergangenen Saison nicht zugetraut hätte – aber eine Überraschung ist der Sieg der Concordia über das Top-Team Blau-Weiß dennoch. „Wir haben uns zurückgehalten, standen kompakt und haben unsere Chancen eiskalt verwertet“, freute sich Thomas Zaborowski, der zusammen mit Franziska Liepack den Aufsteiger trainiert.

Michelle Behrends macht in der Berlin-Liga da weiter, womit sie in der Landesliga aufgehört hat: Mit dem Toreschießen. Foto: Matthias Vogel

Die Basis für den Coup bildete der Sister-Act. Ex-Regio-Stern Jaqueline Behrends stellte auf 1:0 (11.), Schwester Michelle fixierte per Elfmeter das 2:0 (31.). Lena Pflanz erzielte nur zwei Minuten später den Anschlusstreffer. „Da haben wir geschlafen“, konstatierte Zaborowski. Michelle Behrends schnürte in der 54. Minute den Doppelpack, ehe Anna-Sophie Fechner den alten Abstand wieder herstellte (57.). Einmal mussten die Gelbhemden noch tief durchatmen, nämlich als Jule Primann zum Elfmeter für Blau-Weiß antrat. Sie verschoss, und perfekt waren sie, die ersten drei Zähler für den Aufsteiger. „Der Anfang ist gemacht“, sagte Zaborowski.

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von Anders Noren.

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