Punktlandung: Union zaubert Trainerin aus dem Hut

von Matthias Vogel

Es war nicht einfach, die Lücke zu besetzen, die Falko Grothe, drei Jahre als Cheftrainer der Eisernen Ladies im Amt, hinterlassen hat. Das sagt Julia Wigger, Leiterin der Frauen- und Mädchenabteilung beim 1. FC Union Berlin. Nach dreiwöchiger Suche hat es pünktlich zum Trainingsauftakt dann doch noch geklappt: Juliane Guhr, 31 Jahre alt, zieht ab jetzt die sportlichen Fäden beim Regionalligisten aus Köpenick.

Als Grund für seinen Rücktritt, der für Außenstehende durchaus überraschend gekommen sein könnte, hatte Grothe „neue Erfahrungen“ genannt, die er nun als Coach sammeln wolle. Eine konkrete Alternative habe er noch nicht, er lasse das entspannt auf sich zukommen. Nur so viel: „Ich war dem Frauenfußball bisher immer sehr verbunden, das muss aber nicht zwingend so bleiben.“ Grothe war sehr erfolgreich, in seine sportliche Verantwortung bei den 1. Frauen des Vereins fallen zwei Meistertitel und der Sieg des Berliner Pokals im vergangenen Jahr.

Juliane Guhr heißt die neue Frau an der Seitenlinie. Bereits jetzt hat sie die Mannschaft mit ihrer Euphorie und der Leidenschaft für den Fußball angesteckt. Foto: Judith Diecke

Wigger würdigte die Leistung Grothes gerne, viel Zeit zum Nachtrauern hatten die Eisernen aber freilich nicht. Lange sah es auch so aus, als müssten sie sich mit einem internen Stühlerücken anfreunden. Auch dann wäre man gut aufgestellt gewesen, lieber sei es ihr aber schon, dass die Suche noch von Erfolg gekrönt war, sagt sie. „Wir haben nach einem Profil gesucht, dass zu uns passt und uns inhaltlich, sportlich und zwischenmenschlich weiterbringt“, sagt sie. „Und Juliane passt perfekt.“

Sparten-Chefin Julia Wigger erhofft sich Synergieeffekt

Union hat Guhr vom Verband losgelöst. Dort war sie als Trainerin des U14- und U16-Förderkaders tätig. „Das ist auch spannend, aber der Reiz, die Erste von Union zu übernehmen, war zu groß“, sagt die neue Trainerin. Sie selber hat in ihrer aktiven Zeit bei Blau-Weiß Hohen Neuendorf gespielt, auch in der 2. Bundesliga. Ihre sportliche Erfahrung, gepaart mit ihrem Fachwissen, lässt die Sparten-Chefin auf einen dicken Synergieeffekt hoffen. „Ich glaube, der Verein und sie tun sich gegenseitig unheimlich gut. Die Mannschaft, gerade die ganz jungen Spielerinnen, kann von ihr enorm profitieren. Und ihr hilft die Zusammenarbeit sicher weiter auf ihrem Weg als Trainerin“, sagt Wigger.

20 Jahre Fußball sind genug! Unions Torhüterin Monique Eichhorn hat ihre Kickschuhe an den Nagel gehängt. Foto: Julia Haake

Über den Saisonwechsel haben wichtige Stützen das Team verlassen. In Top-Torjägerin Marta Stodulska (Ziel unbekannt), Abwehr-Ass Nathalie Götz (Laufbahn beendet, Bericht folgt), Kapitänin und Mittelfeldstrategin Marie Weidt und Stammtorhüterin Monique Eichhorn (beide Laufbahn beendet) fehlt künftig die komplette bisherige Längsachse. Dazu wechselt Selin Arslan zum künftigen Liga-Konkurrenten Türkiyemspor, Sophie Büttner legt eine Pause ein, Cecilia Kuntz konzentriert sich auf ihr Studium und Lätizia Radloff sowie Emely Stöckert rutschen in die U23 des Vereins. Neu im Team sind Rückkehrerin und einstige U-Nationalspielerin Katja Orschmann (22, Turbine Potsdam II), Torhüterin Leonie Faust und Angreiferin Lina Krauss (beide eigene Jugend) sowie Luca Scheel, die als B-Mädchen mit Kreuzbandriss von Berolina Mitte kam, in der vergangenen Saison bei der U23 einschlug wie eine Bombe und jetzt nach oben beordert wurde. „An ihr sieht man, dass unser Fahrplan funktioniert. Es macht Spaß, ihr zuzuschauen“, sagt Wigger. Bei einem weiteren verheißungsvollen Neuzugang sei die Unterschrift noch nicht ganz trocken, dazu sei sie noch mit einem Co-Trainer im Gespräch. Neu im Funktionsteam ist Torwarttrainer Phillipp Fahrendorff, der von Tennis Borussia losgeeist werden konnet. „Sehr erfahren und unheimlich engagiert. Das ist gut so, wir wollen mehr Struktur in das Training unserer Torhüterinnen bekommen“, so die Abteilungsleiterin.

Zwei dicke Aufgaben hat Juliane Guhr nun flott zu wuppen. Auf der einen Seite nach der langen „balllosen“ und von Individualtraining geprägten Zeit wieder das Mannschaftsgefühl zu finden und ein Team zu formen, „dass mit Spaß bei der Sache ist und in sich funktioniert“, wie es die 31-Jährige formuliert. Warum die Zeit drängt? Auf der anderen Seite wartet in zweieinhalb Wochen schon die Feuerprobe auf sie – das Pokal-Halbfinale beim Dauerrivalen FC Viktoria 1889 Berlin. „Ich weiß das noch aus meine Zeit bei Hohen Neuendorf. Das waren immer ganz heiße Fights und das wird gegen Union nicht anders sein“, sagt sie. Dass sie sich auf den Klassiker freut ist klar. Zwei Siege auf der Zielgeraden des Polytan-Cups und sie hätte den ersten Titel eingesackt – schneller ginge es kaum.

Wichtig für Union: Lisa Heiseler bleibt. Foto: Julia Haake

Wegen der Kurzfristigkeit legt man sich in Köpenick noch nicht auf den künftigen Spielstil oder konkrete Ziele fest. Nach dem Halbfinale möchte man sich aber zusammensetzen, um das nachzuholen. Die grobe Linie ist schlichtweg Union-DNA. „Wir wollen uns natürlich für die Meisterrunde qualifizieren“, sagt Wigger. Und: „Wenn wir am Ende aufsteigen sollten, würden wir uns sicher nicht dagegen wehren. Es ist aber keinesfalls die Vorgabe für die kommende Saison.“

Eins stehe ebenfalls schon fest. Mit dem Auftritt Guhrs in den ersten Einheiten ist Wigger hoch zufrieden. „Sie hat richtig Bock auf Fußball und überträgt diese Euphorie auf die Mannschaft, das ist deutlich zu spüren.“

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