Wer bleibt im Titelrennen?

von Matthias Vogel

Es ist wieder soweit: In Lichterfelde wird am heutigen Sonntag, 1. Dezember, die Krone im Berliner Frauenfußball ausgefochten. Der FC Viktoria 1889 (Rang 3) empfängt zum zweiten Rückrundenspiel der Regionalliga Nordost den 1. FC Union (2). Die Vorfreude in den Lagern der Erzrivalen ist riesig.

Die himmelblauen Viki-Girls gegen die roten Eisernen Ladies, das ewige Duell der beiden Trainerfüchse Roman Rießler und Falko Grothe, der Kampf um die Vorherrschaft in der Stadt und das Ansinnen beider Clubs, endlich in den professionellen Bereich vorzustoßen – mehr Spannung kann eine Partie kaum bergen. Das Thema Meisterschaft hat freilich Priorität und weil die Rasenballsportlerinnen aus Leipzig Union bereits auf sechs Punkte und Viktoria gar auf acht distanziert haben, kann sich der Verlierer der heutigen Auseinandersetzung wohl aus dem Aufstiegsrennen verabschieden.

Starkes Zentrum. Marlies Sänger (re.) wird gegen Union wohl in der Innenverteidigung kicken. Foto: Matthias Vogel

Verständlich, dass sich die beiden Coaches nicht in die Karten schauen lassen wollen, wie sie den Dauerrivalen knacken wollen. Im Hinspiel ließ Roman Rießler seine Mädels verhaltener agieren. Etwas überraschend, aber begründet: Im Rückspiel der vergangenen Saison liefen die Lichterfelderinnen mit ihren Offensivbemühungen in das offene Messer abgebrüht und stark konternder Unionerinnen und unterlagen vor heimischer Kulisse mit 0:4. Die defensive Gangart bescherte der Rießler-Elf im Hinspiel in Köpenick wenigstens ein torloses Remis.

Rießler wird nun im eigenen Wohnzimmer sicher nicht wieder Beton anrühren lassen. Schließlich sollen seine Schützlinge per eigener Definition nicht nur erfolgreichen, sondern auch attraktiven Fußball zeigen. Und tatsächlich: „Wir wollen mehr für das Spiel tun als in der Vorrunde“, sagte der Viki-Coach. Er sehe beide Teams auf Augenhöhe bei leichten Vorteilen für Union, die sein Team mit Leidenschaft, aggressivem Zweikampfverhalten und permanentem Stress für den Gegner wettmachen müsse. „Das hat dieses Spiel auch verdient“, kommentierte er seine Mindestanforderungen für seine Truppe.

Enorm wichtig für den FC Viktoria 1889 war die Rückkehr von Hülya Kaya, hier nach ihrem verwandelten Elfmeter in Magedeburg, von Türkiyemspor. Foto: Matthias Vogel

Der Lichterfelder Trainer freut sich deshalb besonders auf den Vergleich, weil ihm trotz der dauerhaften Ausfälle von Dilara Agac, Nadine Heinrich, Luisa Buchwalder, Jessica Purps und Top-Torjägerin Beslinda Shigjeqi sowie das Fehlen von Tatjana Fandre ein Team in bester Verfassung zur Verfügung steht. „Wir sind gut drauf, inklusive der Wechselspielerinnen“, so Rießler.

Falko Grothe umriss vor dem Gipfeltreffen noch einmal die Philosophie von Union. „Wir legen gegen jeden Gegner den Fokus auf den Ballbesitz und darauf, ihn schnell wieder zu bekommen, wenn wir ihn mal nicht haben.“ Gegen Teams wie Viktoria stelle er seine Mannschaft aber natürlich zusätzlich auf die Qualitäten des Gegners ein. Auch die Eisernen Ladies sind heiß. „Wir hatten jetzt fünf Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte vor der Brust und freuen uns jetzt sehr auf diese Herausforderung.“

Hohe Spielintelligenz, enorme Handlungsschnelligkeit, Torgefährlichkeit – Unions Lisa Heiseler (li.) kommt immer besser in Form. Foto: Matthias Vogel

Grothe kann wie gewohnt aus dem Vollen schöpfen. Weil die Leistungsdichte in Köpenick so hoch ist, sind einzelne Ausfälle für ihn stets leichter adäquat zu ersetzen – Advantage Union. In der Regel hebt der Coach auch keine einzelnen Spielerinnen hervor. Dieses Mal tut er es: „Elisa Schindler und Lisa Heiseler kamen vor fünf Jahren aus unserer U 17 zu den Frauen, haben trotz Verletzungsrückschlägen oder Leistungsdefiziten nie aufgegeben. Heiseler steht nun mit 13 Treffern auf dem dritten Platz der Torjägerliste und Schindler hat in ihrer Entwicklung einen enormen Satz nach vorne gemacht und den Sprung in die Stammformation geschafft.“

In himmelblau sorgt Hülya Kaja seit Wochen für Furore: In Hohen Neuendorf drehte sie mit zwei Treffern die Partie zu Gunsten der Viktoria, beim 7:0 gegen Phönix Leipzig steuerte sie die ersten vier Tore bei, in Magdeburg holte sie einen Elfmeter heraus und verwandelte ihn zum Tor des Tages, gegen Stern (1:1) rettete sie mit ihrem Last-Minute-Treffer einen Punkt und beim Bischofswerdaer FV bewahrte sie die Viktoria mit ihrem Siegtreffer zum 0:1 in der 84. Minute vor einer Blamage.

Kaja oder Heiseler? Rießler oder Grothe? Viktoria oder Union? Wer ist die Nummer 1? Wer bleibt im Titelrennen? Antworten erhalten alle, die sich ab 13 Uhr im Lichterfelder Stadion versammeln.

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