Mit dem Spirit der Profis nach Andernach

von Matthias Vogel

Morgen, 2. Juni, gilt es noch einmal für die Fußballerinnen des 1. FC Union Berlin. Um 14 Uhr wird das Rückspiel der Aufstiegsrelegation bei der SG 99 Andernach angepfiffen. Die Grothe-Elf ist nach dem Last-Minute-Ausgleich der Bäckermädchen im Hinspiel (1:1) leicht in die Außenseiterrolle gerutscht – aber trotzdem bester Dinge.

Mental reisen die Berlinerinnen bestens vorbereitet in das 30 000-Seelen-Städtchen Andernach. Die komplette Mannschaft wohnte dem Remis der Herren gegen den VfB Stuttgart live in der Alten Försterei bei. „Da konnten sie schon mal so ein bisschen erleben, wie sich Aufstieg anfühlt“, berichtete Unions Coach Falko Grothe vor dem Alles-oder-nichts-Vergleich in Rheinland-Pfalz. Ausnahmezustand herrsche wegen der Einzugs der Männer in das Oberhaus gerade im Verein. Unschwer zu erraten, dass den Köpenickern der Sprung ihrer Frauen in den Profi-Bereich gut gefallen würde – so als Sahnehäubchen. Unterstützung gab es schon einmal in Form des Transportmittels für den Weg nach Andernach – die Frauen reisten im Bus der Profis an. „Mehr Beinfreiheit“, sagte Grothe, „und auch sonst ein wenig luxuriöser.“ Zur Komplettierung des derzeitigen Status quo der eisernen Psyche: „Das späte Gegentor ist seit der Dienstags-Einheit verarbeitet, alle sind optimistisch und heiß auf das Spiel.“

Innenverteidigerin Charleen Niesler (am Ball) war stark im Hinspiel. Sie würde sich sicher ein bisschen weniger Arbeit während der Revanche wünschen. Foto: Matthias Vogel

Sich einmal fühlen und fortbewegen wie ein Profi, das ist die eine, sicher feine Sache. Zu spielen wie einer, die andere. Das wissen die Eisernen Ladies natürlich und Grothe möchte seine Truppe im Andernacher Rund auch ein wenig anders auftreten sehen als im Hinspiel. Mit den ersten 20 Minuten war er noch hoch zufrieden gewesen. Während der restlichen Spielzeit waren ihm aber dann vor allem zwei Dinge aufgefallen: Zum einen habe seine Elf im offensiven Eins-gegen-eins nicht konsequent genug agiert und dadurch einige mögliche Chancen liegen lassen. Zum anderen habe sie sich mit zunehmender Spieldauer immer weiter hinten reindrängen lassen. „Wir wollen die Höhe morgen halten, dazu müssen wir aber selbstbewusster agieren. Fußballerisch sind wir der Lage, die Aufgabe morgen zu lösen, davon bin ich überzeugt.“

Schlüsselspielerinnen unter sich: Unions Kapitänin Marie Weidt (li.) und das torgefährlichste Bäckermädchen Maren Weingarz. Foto: Matthias Vogel

Dann müsste natürlich noch der Gegner mitspielen. Denn die SG hinterließ vor einer Woche einen sehr kompakten, sehr lauffreudigen, sehr Zweikampf starken Eindruck. Je länger die Partie dauerte, um so häufiger segelten Flanken von den Flügeln in den Unioner Strafraum. Zum Teil verteidigte das Berliner Zentrum um Charleen Nieser und Nathalie Götz hervorragend, zum Teil suchte Andernach zu selten den Weg auf die Grundlinie, um in den Rücken der Köpenickerinnen zu flanken. Und so brauchte es eben das Trainer-Händchen von Kappy Stümper, der Laura Weinel erst kurz zuvor eingewechselt hatte, und deren wuchtigen Kopfball nach einer Flanke aus dem Halbfeld für den Ausgleich.

Wie wird Andernach agieren?

Man darf überhaupt gespannt sein darauf, wie der Gegner die Partie angeht. Dank Auswärtstor könnten sich die Bäckermädchen theoretisch auch auf das Kontern verlegen. Fraglich freilich, ob das den Schützlingen von Coach Kappy Stümper liegt. Fest steht für ihn: „Am Sonntag können und wollen wir unsere höchst erfolgreiche Saisonleistung krönen. Mit dem Double aus Meisterschaft und Pokalsieg habe wir bereits mehr erreicht, als wir vor der Saison erwarten konnten. Unsere starke Leistung in Berlin stimmt mich optimistisch für das Rückspiel hier vor heimischer Kulisse.“

Unions Headcoach Falko Grothe (2. v. li.): „Fußballerisch hätten wir es drauf!“ Foto: Matthias Vogel

Personell kommen beide Teams weitgehend unverändert um die Ecke. Lediglich Elisa Schindler steht bei den Eisernen Ladies dieses Mal nicht im Kader, dafür ist Lisa Gierth mit dabei. Andernach tritt komplett in der Aufstellung der Vorwoche an.

Sieg Union – wen würde da die Beinfreiheit noch kümmern?

Sollte Union als Sieger aus der Relegation gehen, dürfte die Beinfreiheit im Unioner-Profi-Bus eine untergeordnete Rolle spielen. Dann wird es auf dem Heimweg nach Berlin sicher niemanden auf den Sitzen halten, auch wenn der 620-Kilometer lang ist.

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