von Matthias Vogel
Die Regionalliga-Fußballerinnen des FC Viktoria 89 Berlin schwitzen seit vergangenem Montag bereits wieder für die kommende Saison. Trainer Roman Rießler hätte im fünften Jahr seiner Amtszeit gerne mehr Breite und mehr Tiefe. Mehr Breite im Kader, mehr Tiefe im Passspiel.
Lichterfelde. Eine bärenstarke Spielzeit haben die Kickerinnen aus Lichterfelde absolviert. Sieg im Berliner Pokal, Dritter im Abschlusstableau der Regionalliga Nordost. Schwer zu wiederholen, geschweige denn zu toppen. Aber weil Rießler hohe Ansprüche an sich selbst und seine Arbeit hat, will er genau das mit seinem Team versuchen. Also: Pokal verteidigen und Einlass am Zweitliga-Tor begehren. Viktoria muss einen personellen Umbruch vornehmen, das macht den Job nicht einfacher. Sieben bewährte Kräfte stehen nicht mehr zur Verfügung, Rießler muss aus dem Rest und lediglich drei feststehenden Neuzugängen ein neues Team formen und den dazugehörigen Spirit herauskitzeln.

Cheyenne Ostermann, gerade einmal 22 Jahre alt, beendet wegen anhaltenden Verletzungspechs ihre Laufbahn, auch die beiden Routiniers Sandy Decker und Nicola Käpernick hängen ihre Fußballschuhe an den Nagel. Kapitänin Stephanie Gerken ist in freudiger Erwartung und pausiert, Annika Mirring absolviert anlässlich ihres Studiums ein Auslandsjahr. Dazu verlassen die beiden Torhüterinnen Nathalie Kennin und Jean-Marie Ehrke den Verein.
Zwei Neuzugänge aus Hohen Neuendorf
Auf die Schlussfrauen-Frage fand Rießler eine gute Antwort. Inga Buchholz wechselt vom Zweitliga-Absteiger SV Blau-Weiß Hohen Neuendorf nach Lichterfelde, und Julia Haake hat nach einem Jahr genug „geworkt und getravelt“ und steht wieder für ihren Club zwischen den Pfosten. Vom künftigen Liga-Konkurrenten Hohen Neuendorf kehrt außerdem die bärenstarke Verteidigerin Nadine Heinrich zurück zu ihren Wurzeln. „War früher bei uns, eine waschechte Lichterfelderin“, sagt Rießler. Das Ergebnis der diesjährigen, schwungvollen Runde im Personal-Karussell beschreibt der Coach insgesamt so: „Die Tiefe im Kader passt, bei der Breite bin ich mir nicht ganz sicher.“ Das bereitet im durchaus Sorgen, möchte er doch im Training gleichermaßen den Konkurrenzkampf toben wie den Teamgeist wachsen sehen. „Spielerinnen wie Decker und Käpernick haben beides mit ihrer Einstellung und ihrem Engagement forciert und die fallen ja nun weg.“ Weil die Leistungsdichte nicht so hoch ist wie in der vergangenen Saison, gelte es, jeden Stein umzudrehen, um herauszufinden, wer auf welcher Position am besten eingesetzt werden kann.

An der Spielphilosophie will Rießler nichts ändern, warum auch? Ballbesitz und Dominanz heißen die Schlagwörter für die Offensive. Weil das in der Vorrunde der abgelaufenen Saison besser funktionierte als in der Rückrunde, als die Gegner wussten, was auf sie zukommt und einfach pauschal tiefer standen, sollen seine Mädels während der Vorbereitung an ihrer Flexibilität feilen. „Sie sollen Lösungen für jede taktische Ausrichtung des Gegners und jede Situation erarbeiten“, sagt Rießler. Langweilige und ineffektive Ballbesitz-Sessions a la Spanien sind ihm allerdings ein Dorn im Auge. Bietet sich eine Lücke im Verbund des Kontrahenten, sollen seine Viki-Girls auch schnell und vertikal da durch und den Torerfolg suchen. Zum Viktoria-Plan gehört zudem ein konsequentes und konzertiertes Arbeiten der gesamten Mannschaft gegen den Ball in der Defensive. „Einige Stürmer meinen ja noch immer, sie hätten damit nichts zu tun, das ist aber mittlerweile state of the art, wie bei der WM schön zu sehen ist.“
„Niemand darf satt sein!“
Getestet wird reichlich. Bundesligist USV Jena, Berolina Mitte, Moabiter FSV und Liga-Konkurrent FC Stern 1900 werden bespielt, ehe es ins Trainingslager nach Wesendorf in der Nähe von Braunschweig geht. Dort stehen dann noch die Vergleiche mit dem Zweitligisten VfL Wolfsburg II und dem ATS Buntentor aus der Regionalliga Nord an. Und am 12. August kickt Viktoria in der ersten Runde des DFB-Pokals.
Bis zum ersten Punktspiel am 19. August zuhause gegen den 1. FFC Fortuna Dresden will Rießler vor allem den Hunger auf den Pokal und die Gier auf die Meisterschaft bei seinem Team auf’s Neue geweckt haben. „Niemand darf satt sein“, fordert er. Wohl Grundvoraussetzung für einen gelungenen Start in die neue Spielzeit, denn das Auftaktprogramm hat es in sich. Nach dem Dresden-Match stehen bereits die heißen Spiele gegen den Magdeburger FFC, 1. FC Union Berlin und Hohen Neuendorf auf der Agenda.
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