Im Endspiel um den Polytan Cup stehen sich in Türkiyemspor und im FC Viktoria 1889 zwei absolute Top-Teams der Regionalliga Nordost gegenüber
von Matthias Vogel
Das ganz große Los ist bereits an beide Finalisten vergeben: Die Teilnahme an der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals. Der Einsatz bleibt trotzdem hoch, wenn die Partie am Pfingstmontag um 15 Uhr im Volkspark Mariendorf angepfiffen wird. Es geht um nicht weniger als den Titel und das Ansehen.
„Das ist für uns ein absolutes Highlight“, sagt Türkiyemspor-Trainer Murat Dogan. Nicht nur, dass sein Team mit dem Gewinn des Pokals einer überragenden Saison – Platz zwei stand im Endklassement zu Buche – die Krone aufsetzen könne, „es ist für uns auch wieder eine sehr gute Gelegenheit, Werbung für uns im Speziellen und für den Frauenfußball im Allgemeinen zu machen.“

Schon der Aufstieg vor zwei Jahren und jetzt die tolle Platzierung in der ersten ernstzunehmenden Spielzeit nach Corona habe im Umfeld der Kreuzbergerinnen enorme Aufmerksamkeit erregt, sagt Dogan. „Eltern von Jungs aus unseren Nachwuchsmannschaften sprechen uns an, zeigen sich interessiert und schauen bei den Spielen zu. Das gleiche gilt für die benachbarten Vereine. Der Sieg morgen würde diesen Trend verstärken.“ Doch Dogan weiß auch, dass man letztendlich an Titeln gemessen wird und da gebe es durchaus noch Luft nach oben. „Wir haben schon etwas hinbekommen in den vergangenen Jahren. Nur das mit den Meistertitel und Pokalsiegen hat bislang noch nicht so hingehauen.“

Vor zwei Wochen hat Türkiyemspor das letzte Punktspiel der Saison bestritten und dabei dem 1. FFV Erfurt auf dessen Geläuf ein halbes Dutzend Eier ins Nest gelegt. Die Euphorie dieses Sieges soll das Team wohl bis morgen tragen, jedenfalls vereinbarte Dogan kein zusätzliches Testspiel. Und auch im Training versuchte er, Anforderung und Druck möglichst gering zu halten. Großer Alarm vor solchen Spielen gehe gerne auch mal nach hinten los, sagte er sinngemäß. „Einige Sachen sind wir natürlich schon durchgegangen, aber ich habe einfach auch sehr viel spielen lassen“, beschrieb er die Trainingsinhalte der vergangenen beiden Wochen.
Der Weg zum Pokal führt über gewonnene Zweikämpfe
Wie die Viktoria zu knacken sei? „Das ist eine körperlich enorm starke und erfahrene Mannschaft, der Weg wird über gewonnene Zweikämpfe führen“, lautet Dogans Prognose. Dazu müssten seine Schützlinge das Augenmerk auf die beiden Schlüsselspielerinnen des FC legen: Marlies Sänger und Dilara Agac. „Über die beiden läuft sehr viel.“ Für die Mission Pokalsieg steht Dogan die komplette Kapelle zur Verfügung. „Alle da, alle fit, alle heiß.“
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Aufstiegsspiele, Gipfeltreffen, Pokalfinalspiele – für den FC Viktoria 1889 Berlin in der vergangenen acht Jahren Saison für Saison einfach Standard. Morgen stehen die Himmelblauen bereits zum achten Mal im Cup-Finale des Berliner Fußball-Verbands und können ihn zum fünften Mal gewinnen. Zum ersten Mal holten die Viki-Girls den Pott 2010 nach Lichterfelde, damals gegen Tennis Borussia Berlin. Zwei Spielerinnen aus dem damaligen Kader sind morgen wieder mit von der Partie: Jessica Purps und Stephanie Gerken, die als Youngster gegen TeBe damals in der 90. Minute eingewechselt wurde.

Die große Erfahrung ist für Johannes Fritsch mitunter das größte Pfund, mit dem sein Team wuchern könne. „Das macht schon einiges aus“, findet er. Fritsch, der nach diesem Spiel aus dem Amt bei der Viktoria scheidet, erwartet ein Spiel auf Augenhöhe, in dem es für sein Team gelte, den unkonventionell weil häufig instinktiv geführten Angriffsfußball der Kreuzbergerinnen eben so gut es geht einzudämmen und sowohl im Spiel mit als auch ohne Ball Druck auf die letzte Türkiyemspor-Kette zu bekommen.
Weil das letzte Pflichtspiel des Tabellenvierten vom 15. Mai datiert, wurde zur Vorbereitung auf das Finale vergangene Woche noch gegen den frisch gebackenen Regio-Meister 1. FFC Turbine Potsdam II getestet. 1:3 lautete das Ergebnis. In der ersten Viertelstunde wirbelte die Viktoria die Turbinen ordentlich durcheinander, ging durch eine sehr gut aufgelegte Luise Trapp in Führung und hätte durch Katharina Geßner durchaus erhöhen können, ehe sie sich bis zur Pause zwei Kontertore und ein Gegentor nach einer Ecke einfing. In der zweiten Hälfte hätte die Fritsch-Elf das Resultat positiver gestalten, wenn nicht gar drehen können, allein fehlte vor der Kiste die nötige Konsequenz.

Auch Fritsch nimmt die gewohnte Belegschaft mit auf die Reise in die Prühßstraße, allerdings kränkelten Torhüterin Inga Buchholz, Innenverteidigerin Vanessa Lux und Mittelfeld-Strategin Anina Sange während der Woche und Marlies Sänger bekam gegen Potsdam einen Pferdekuss verpasst. „Wir gehen aber davon aus, dass alle kicken können“, so der Coach. Wer einmal vom Nektar des Berliner Pokal-Triumpfes gekostet hat, der will natürlich wieder naschen. Und Betreuer Andreas Purps, der gerne in der Vereinschronik blättert, glaubt fest daran, das Türkiyemspor der Viktoria als Pokalgegner liegt: „Finalniederlagen haben wir ausschließlich gegen Union kassiert.“
Vom Papier her wird im Volkspark Mariendorf mit das Beste zu sehen sein, was Berlin in Sachen Frauenfußball zu bieten hat. Den beiden Teams ist eine prächtige Kulisse zu wünschen. Übrigens haben beide das Ticket für die Teilnahme am kommenden DFB-Pokal schon in der Tasche. Meister Potsdam ist als Zweitvertretung der Bundesliga-Mannschaft nicht zugelassen, daher war Türkiyemspor als Vize fix qualifiziert. Und die Viktoria dadurch auch, egal ob sie den Pott nun holt oder nicht.
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