SCC ist Meister!

Dicker Eintrag in die Vereinschronik: Charlottenburger Fußballerinnen steigen in die Berlin-Liga auf

von Matthias Vogel

Weil der SV Buchholz im Topspiel des letzten Landesliga-Spieltages den FSV Hansa 07 mit 2:1 bezwingt, nimmt die Kübler-Elf dem Kreuzberger Konkurrenten noch die Meisterschaftsbutter vom Brot. Das Trostpflaster ist schon seit dem vorvergangenen Wochenende geklebt: Hansa geht in der kommenden Saison ebenfalls ein Stockwerk höher auf Tore- und Punktejagd.

Damit steigen die beiden Mannschaften auf, die es auch wirklich wollten. Der Tabellendritte des Endklassements SV Buchholz sprach beim Thema Aufstieg immer von einem „Kann“, niemals von einem „Muss“, und der TSV Mariendorf 1897, der lange vom Platz an der Sonne grüßte, winkte stets dankend ab: Dafür sei die Mannschaft einfach zu alt, so hieß es.

Charlottenburgs Coach Daniel Kübler bewegte sich mit seinen Aussagen eher im Buchholz’schen Fahrwasser. Als sein Team aber vor zwei Wochen im wohl spektakulärsten und besten Landesliga-Kick der Saison beim bis dato aktuellen Branchenführer Hansa mit 6:4 triumphierte, legte sein ausgelassener Jubel allerdings den sehnlichen Wunsch nach dem sportlichen Upgrade blitzeblank.

Nach dem 6:4-Sieg seines SCC konnte Trainer Daniel Kübler seine Freude und seine Ambitionen einfach nicht mehr verbergen. Foto: Matthias Vogel

Wer wollte es ihm verübeln? Diesen Sieg in der Tüte und die beiden verbliebenen, eher leichteren Aufgaben vor der Brust, stärkten einfach seine Zuversicht. Die hatte zwischenzeitlich durchaus gelitten. Denn die schwarz-weiß gewandeten Fußballerinnen tauchten ihren Coach gerade auf der Zielgeraden in ein Wechselbad der Gefühle. Von himmelhoch jauchzend bis zu amtlich betrübt war für ihn alles dabei. Aus Küblers Sicht zeichnete dafür zum einen die Zusammensetzung der Belegschaft verantwortlich – der SCC konnte nicht immer in Bestbesetzung antreten – , zum anderen aber auch die noch fehlende Reife.

Allein die empfindliche 1:3-Niederlage beim SC Borsigwalde am 10. April lieferte reichlich Belege für seine These. Das Fehlen seiner etatmäßigen Torhüterin und der beiden 10er, Rebekka Frank und Mandy Brosius, machte sich dort stark bemerkbar. „Die beiden ordnen für gewöhnlich unser Spiel, leisten hervorragende Regiearbeit“, sagte er. Dazu unterliefen seiner Elf auch Fehler, die einem Aufstiegsaspiranten „nicht passieren dürfen“, wie er fand.

Als starke 6 mit Offensivdrang hat Charlottenburgs Johanna Becker im Verlauf der Saison laut Coach Kübler eine „mega Entwicklung“ genommen. Foto: Matthias Vogel

Mit der Niederlage habe er nicht besonders gut leben können, zumal sie zum damaligen Zeitpunkt gegen einen Mitkonkurrenten kassiert wurde. Nach dem 6:0-Kantersieg gegen Berolina Mitte II eine Woche später ging es ihm schon wieder deutlich besser, aufgrund der Ergebnisse der Rivalen blieb der SCC mittenmang im Aufstiegsrennen. Ob der wechselhaften Resultate beließ Kübler es aber trotzdem bei eher vorsichtigen Prognosen.

Hansa stand nach dem vorletzten Spieltag als erster Aufsteiger fest

Am vorletzten Spieltag schritten dann Spitzenreiter Hansa und Verfolger im Gleichmarsch Richtung Verbandsliga weiter, Küblers Squad bezwang zuhause Schöneberg mit 4:0 und mit dem gleichen Resultat entführte der FSV bei Askania Coepenick drei Punkte. Damit stand das Team von 07er-Coach Nico Nowack auch schon als erster Aufsteiger fest. „Jetzt wollen wir auch Meister werden“, hatte Nowack im Vorfeld des letzten Saisonaktes vorgegeben, doch daraus wurde nichts – sein Team unterlag dem SV Buchholz mit 1:2, der damit die Spielzeit auf einem hervorragendem dritten Platz abschloss.

Viele torgefährliche Spielerinnen hat der FSV Hansa 07 in seinen Reihen, entsprechend viel Anlass zum Jubeln gab es in der abgelaufenen Spielzeit. Foto: Matthias Vogel

Um Zweiter zu werden, hätte Buchholz schon sehr hoch gewinnen und Charlottenburg sehr hoch verlieren müssen, der SCC hat nämlich das deutlich bessere Torverhältnis, das bei Punktgleichheit den Ausschlag gegeben hätte. Kübler war nicht nach Rechenspielen und so forderte er von seinen Mädels mindestens einen Punkt gegen den FFC Berlin 2004. „Da sind sie mir bei der Ansprache aber gleich über den Mund gefahren und haben von sich aus gesagt, auch dieses Spiel unbedingt gewinnen zu wollen“, berichtete der Coach. Gesagt, getan: Durch Treffer von Julia Kaiser, Neuzugang Laura Ochoa und Laura Neuking gewann Charlottenburg mit 3:0 und holte sich noch die Meisterschale – Sektdusche für den Coach, Aufstiegsshirts an und losgehüpft – Meilensteine der Vereinsgeschichte wollen standesgemäß gefeiert werden.

Kaiser, Ochoa und Neuking machen den SCC zum Meister

Zwei hoch interessante Teams steigen da in die vierte Liga auf. Charlottenburg hat in den vergangenen Jahren mit viel Engagement und begünstigt durch die Adaption der Tennis-Borussia-Juniorinnen für einen starken Unterbau gesorgt und erfreut sich darüber hinaus konstant regen Zulaufs, für neue Studentinnen der Stadt hat sich der SCC offenbar als gute Adresse herumgesprochen. Die Leistung passt ohnehin: Die durch Corona verkorkste Saison 2020/21 einmal ausgenommen, hat die Kübler-Elf nur eine Spielzeit in der Landesliga verbracht und ist nun wohl dort angekommen, wo der einzige Verein eines 340 000-Einwohner starken Bezirks, der Frauenfußball anbietet, auch hingehört.

Für viel Bewegung auf der rechten Außenbahn bei Hansa sorgt neuerdings auch Youngster Anna Schulz. Foto: Matthias Vogel

Beim FSV Hansa 07 verhält es sich bezüglich Nachwuchs und Zulauf ähnlich, das war aber nicht immer so. Erst in jüngster Zeit erhielt die lange Jahre in gefühlt immer gleicher Besetzung kickende Mannschaft aus der Wrangelritze eine amtliche Frischzellenkur. Starke Neuzugänge wie Sonja Laukemper und Lea Berndorf sorgten in dieser Spielzeit neben Top-Torjägerin Sophie Duschl (18 Treffer) für Torgefahr, im Krimi gegen Charlottenburg hätte beispielsweise Berndorf dem Spiel eine völlig andere Wendung geben können. Beim Stand von 3:3 traf sie nach zwei sehenswerten Versuchen jeweils nur Aluminium.

In dieser Partie hinterließ auch Eigengewächs Anna Schulz einen blendenden Eindruck. Der 18-Jährigen Mittelfeldspielerin gelang ein traumhaftes Tor zum zwischenzeitlichen 4:4 und auch sonst machte sie auf der rechten Angriffsseite mächtig Wind. Die neue Stärke des Kaders, sowohl in der Breite als auch in der Spitze, hat dann das gesamte Team davon überzeugt, nach dem Aufstieg 2015 und postwendendem Abstieg 2016 nun den nächsten Anlauf in der Berlin-Liga zu wagen. Das war auch nicht immer so.

Bekommen es wohl auch eine Etage höher miteinander zu tun: Hansas Offensivkraft Lea Berndorf (hinten) und Charlottenburgs Kapitänin Emilia Noormann. Matthias Vogel

Das neuerliche Abenteuer müssen die Kreuzbergerinnen dann mit einem anderen Trainer bestreiten. Nachdem Kai Weber im Winter verabschiedet wurde – ihn zog es mit seiner Lebensgefährtin nach Australien – war Co-Trainer Nico Nowack auf den Chefsessel nachgerückt und hat mit dem Aufstieg das langjährige gemeinsame Werk der beiden noch zur Vollendung gebracht. Nun ist auch für ihn Schluss. „Ich habe das jetzt acht oder neun Jahre lang gemacht. Das verschlingt einfach sehr viel Zeit und nun ist mal die Familie dran“, sagte er, kurz nachdem Hansa als Aufsteiger feststand.


Hoch die Tassen: Meister SC Charlottenburg beim Posen für die Vereinschronik. Foto: SCC

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von Anders Noren.

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