Lichtenberg steht Kopf!

Li47er bringen völlig überraschend Dreier aus Neukölln mit – Klassenerhalt wohl gesichert

von Mathew Bird

Dazu mehr aus der Berlin-Liga: Warum Concordia plötzlich vor Offensivgeist strotzt +++ Union II ist der erste Berliner Meistertitel nicht mehr zu nehmen +++ SpaKi im Sommermodus +++ Viktoria II: Halbes Dutzend Buden, halbes Dutzend Torschützinnen +++ Viktoria Mitte und die starken Standards

BSV GW Neukölln – SV Lichtenberg 47 …… 0:1 (0:0)

Gar nicht gut zu sprechen auf die Haltung seiner Mannschaft dieser Tage ist Norbert Sengstock, Trainer des BSV GW Neukölln. Und zwar nicht nur, weil es am Sonntag für den Tabellenvierten eine völlig unerwartete 0:1-Heimpleite gegen den Vorletzten SV Lichtenberg 47 setzte. Beim Debakel gegen den Branchenführer 1. FC Union Berlin II vor einer Woche (0:10) hatten vielmehr einige Spielerinnen das Team arg kurzfristig versetzt. Den Denkzettel im Sinn, ließ Sengstock gegen Lichtenberg deshalb die gleiche Elf noch einmal von Anfang an auflaufen, und die tat sich mit der Chancenauswertung schwer.

Ungewohntes tolles Gefühl: Der SV Lichtenberg holt drei enorm wichtige Punkte für den Klassenerhalt. Foto: Li47

Also schlug der Fußballgott wieder einmal zu, im Sinne von: „Wenn du vorne die Dinger nicht machst, bla bla bla…: Gestocherere vor dem Tor des Underdogs, Torhüterin Juliana Heynen pariert, Neukölln im Nachfassen laut Sengstock zu „inkonsequent“. Andere Seite, direkt im Anschluss, 85. Minute, Celine Hellriegel verwertet eine Ecke entschlossen per Kopf und Lichtenberg startet noch auf dem Platz schon fast mit der Sieger- und Klassenerhalt-Party. „Die haben das Tor gefeiert, als wären sie Deutscher Meister geworden“, berichtete Sengstock, „und das war auch okay, das haben sie clever gemacht.“ Die verbleibende Zeit habe man dann „souverän runtergespielt“ tat der Instagram-Account der Lichtenbergerinnen später kund.

Bei aller Anerkennung der Leistung des Gegners – zerknirscht war der Grün-Weiß-Coach natürlich schon. Weil im Vorbeigehen eben keine Siege eingefahren werden und weil ihm das Austrudelnlassen einer Saison einfach nichts ist. In zwei Wochen kommt der Tabellenzweite FC Hertha 03 Zehlendorf an die Johannesthaler Chaussee. „Die wollen wir auf jeden Fall noch ärgern“, sagt Sengstock. Die Kunst für ihn wird es also sein, bis dahin die Haltung seiner Mannschaft zu korrigieren. Was mit Willen möglich ist, hat ihr der SV Lichtenberg am Sonntag vorgemacht.


FC Viktoria 1889 Berlin II – Friedrichshagener SV …… 6:0 (3:0)

Einen ungefährdeten Sieg landete die Regionalliga-Reserve der Viktoria. Dabei tat sich die Elf des Trainers Matthias Vogel in den Anfangsphasen beider Spielabschnitte schwer. Annika Dittmar öffnete mit einem Heber von der linken Seite aus 22 Metern die Dose (31.), kurz darauf erhöhte Nele Amarell nach einem zum Steckpass mutierten Pressschlag auf 2:0 (34.), alleine vor der Gästetorhüterin behielt sie die Nerven und schob den Ball ins Netz. Kurz vor der Pause gelang Innenverteidigerin Ronja Grubba das Tor des Tages. Aus gut und gerne 25 Metern hämmerte sie einen Freistoß aus zentraler Position in den Giebel des Friedrichshagener Gehäuses (44.). Vogel: „Ein absolutes Traumtor. Ich freue mich für sie und das hat sich am Donnerstag im Abschlussspiel auch irgendwie abgezeichnet. Da hatte sie aus jeder Lage getroffen.“

Volltreffer: Viki-Girl Ronja Grubba gelang gegen Friedrichshagen ein traumhaftes Tor. Foto: Mathieu Oiseau

Direkt nach der Pause hatte der Tabellenletzte seine beste Phase. Die Gäste kamen dem Anschlusstreffer näher, zwingende Chancen blieben allerdings aus. Der Schiedsrichter brachte die Viki-Girls wieder auf Kurs, als er in der 76. Minute einen zweifelhaften Handelfmeter gegen den SV verhängte. Vicdan Yavas war das einerlei, sie verwandelte sicher zum 4:0. Den fünften Treffer steuerte Kim Ollrogge bei, eine Ecke von Aylin Siderova lenkte sie am zweiten Pfosten über die Linie (85.). Den Schlusspunkt setzte die eingewechselte Sara Allouch mit einem kuriosen Treffer. Nach einem Pressschlag mit der Torhüterin links an der Strafraumkante sprang die Kugel ins Tor (89.).


1.FC Union Berlin II – Berolina Mitte …… 5:0 (2:0)

Laut Union-Coach Oliver Hartrampf hätte Bero seinem Team in der Anfangsphase durchaus weh tun können. „Die haben uns hoch und gut angelaufen und wir haben ein bisschen gebraucht, um uns darauf einzustellen“, sagte er. In dieser Phase sei ein Tor der Gäste wegen „berechtigter“ Abseitsstellung nicht gegeben und ein Solo nach Abstimmungsproblemen zwischen seiner Innenverteidigerin und seiner Torhüterin nicht genutzt worden, dazu seien einige gefährliche Eckbälle durch den Köpenicker Strafraum gesegelt. „Danach waren wir aber am Drücker und haben so gut wie nichts mehr zugelassen.“

Unions Lucia Schwoche und ihr Team haben die Stadtmeisterschaft fest im Blick. Foto: Matteo Uccello

In den jüngsten drei Partien hat Union 20 Buden – „Buletten“ pflegt Hartrampf zu sagen – gemacht, am Sonntag eröffnete wieder einmal Top-Torjägerin Sandra Weihmann den Reigen (27.). Luise Wille setzte eine Viertelstunde vor und Lisa Gierth drei Minuten nach der Pause jeweils einen Treffer drauf. „Das frühe 3:0 nach Wiederanpfiff war auch die Vorentscheidung“, analysierte Hartrampf. Erneut Wille und Vanessa Baugatz machten nach einer Stunde Spielzeit innerhalb von zwei Minuten endgültig den Sack zu.

Warum Union II einfach nicht auslässt? Schließlich kann der Tabellenführer ohnehin nicht aufsteigen, weil die erste Garnitur den Platz in der Regionalliga in Beschlag nimmt. Hartrampf: „Na weil die Zweite erstmals in der Vereinsgeschichte Berliner Meister werden kann. Die wegen Corona nur drei Spieltage währende Vorsaison zählt ja nicht wirklich.“


SV Rot-Weiß Viktoria Mitte – FC Internationale …… 2:0 (0:0)

In einem ausgeglichenen Spiel waren die Standards spielentscheidend. Zwei gefährlich getretene Eckstöße von Madlen Weinhardt brachten Viktoria Mitte den Sieg – Agal Duygu direkt nach der Pause und Franziska Wistuba (76.) netzten ein. Inter hätte Mitte der ersten Hälfte die Weichen umlegen können. Nach einem Foul im Strafraum – Patricia Winge hatte eine FC-Angreiferin gehalten – entschied Schiedsrichterin Luliia Lureva auf Strafstoß, Winge erhielt zudem die gelbe Karte. Saskia Halfenberg trat an, scheiterte aber an SV-Torhüterin Lamis Tiehen (23.). Mitte-Sprecher Stanley Grabe: „Das Spiel hätte generell auch andersrum ausgehen können.“


Wittenauer SC Concordia – SFC Stern 1900 II …… 3:2 (2:2)

Stern erwischte den besseren Start und setzte innerhalb der ersten drei Minuten zwei Konter, an deren Ende jeweils Aldijana Ibrisevic in die Maschen traf. Concordia-Coach Klaus Schwabe sprach nicht nur von drei, sondern von fünf bis sechs Minuten, in denen seine Elf offensichtlich noch gar nicht richtig auf dem Platz gewesen sei. „Nach den beiden Toren hat Stern nämlich nochmals zwei Riesen, die unsere Torhüterin Sophie Hildebrand – eigentlich Innenverteidigerin – super zunichte macht“, berichtete Schwabe.

Concordias Dauerläuferin Marlene Schmitt (li.) – und ihr Team langen im Endspurt der Saison noch einmal kräftig ins Punkteregal. Foto: Matteo Uccello

Nach dieser heißen Phase habe sich sein Team gefangen und kontinuierlich den Druck erhöht. Die Folge waren ein herrlicher Treffer von Michelle Behrends in den Knick des Sterner Kastens zum 1:2 (27.) und der Ausgleich pünktlich zum Halbzeitpfiff durch Sina Kirsch. War die Partie bis dato ausgeglichen, bestimmte Concordia in der zweiten Halbzeit das Spiel. Der Siegtreffer gelang Schwabes Tochter Tamara nach gut einer Stunde. Zehn bis 15 Meter von der Steglitzer Box entfernt, verortete sie SFC-Schlussfrau Antonia Härtel etwas zu weit vor dem Tor und hob den Ball aus großer Distanz gefühlvoll hinein ins Wittenauer Glück. Klaus Schwabe freute sich: „Nach dem sie beim 7:2 gegen Viktoria Mitte nicht getroffen hatte, hat sie mir gestern noch gesagt, dass ein Tor für sie mal an der Zeit wäre.“

Während der bisherigen Saison war es zwar schwer, gegen Concordia zu treffen, vor Offensivgeist gesprüht hat das Team aus dem Norden Berlins allerdings nicht. Nun markierte der SC in den jüngsten beiden Partien zehn seiner 28 Saisontreffer. „Das liegt daran, dass wir endlich annährend in Bestbesetzung sind“, sagt Schwabe. Bis auf die etatmäßige Torhüterin und Jaqueline Behrends seien im Moment alle an Bord. „Und dann ist schon eine gewisse Qualität da.“ Drei Spieltage vor Schluss ist im Tableau jedenfalls der Kontakt zu Stern, Inter und Viktoria Mitte hergestellt, nächster Gegner der Schwabe-Elf ist Berolina Mitte – auswärts.


Spandauer Kickers – Borussia Pankow …… 0:3 (0:2)

Gutes Konzept, gut eingestellt, gut angefangen – doch dann ließen es die Kickers gegen den Favoriten an Mut und am letzten Willen fehlen. So lautete die Kurzzusammenfassung von Spaki-Trainer Heiko Ladinig nach der 0:3-Heimniederlage. Der Borussia reichten einige lichte Momente, um einen ungefährdeten Sieg zu verbuchen. Zunächst netzte Franziska Klausch nach einem Freistoß in 16er-Nähe ein. „Ärgerlich“, fand Ladinig, Fouls an dieser Stelle wollten wir ausdrücklich vermeiden. Noch vor der Pausenerfrischung sorgte Alexandra Friese für die Vorentscheidung (44.). Der Kombination mit ihr als Adressatin war ein unnötiger Ballverlust der Kickers-Defensive auf der linken Seite vorausgegangen. Lorena Erlacher markierte zehn Minuten vor dem Abpfiff den dritten Treffer für den Tabellendritten.

Alex Friese traf zum 2:0 für Pankow, Saisontreffer Nummer 6. Foto: Matteo Uccello

„Da war heute mehr drin“, fand Ladinig. Borussia sei jetzt nicht als „Übermannschaft“ aufgetreten. „Man muss aber auch zugeben, dass Pankow zwei Tore wegen vermeintlicher Abseitsstellung aberkannt wurden. In beiden Fällen hatten wir sie allerdings aufgehoben.“ Auch seine beiden Top-Angreiferinnen Antonia Platte und Sarah Tiede hätten nicht ihren besten Tag erwischt. „Mir kam das so vor, als würden wir uns schon im Sommermodus befinden.“ Auf die Tabellensituation hatte die Niederlage zwar keinen Einfluss – nach unten kann nichts mehr passieren, nach oben nichts mehr gelingen – aber Ladinig hätte sich mehr Elan von seiner Elf gewünscht. Immerhin war er bis in die Haarspitzen motiviert: „Und zwar zu 130 Prozent. Ich will jedes Spiel gewinnen.“


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von Anders Noren.

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