In der Landesliga patzen die beiden Klassenbesten auf eigenem Platz
von Matthias Vogel
Tabellenführer FSV Hansa 07 kam im Evergreen gegen den Moabiter FSV nicht über ein 3:3-Remis hinaus, der Zweite SC Charlottenburg musste sogar eine 1:2-Niederlage gegen den SV Buchholz hinnehmen.
1.FC Schöneberg – BSV GW Neukölln …… 4:4 (2:1)
Es waren die ersten zehn Minuten nach Wiederanpfiff, in denen sich Schönebergs Trainer Dieter Schilling mit Grausen vom Spielfeld abwandte. „Damit sich mein Frust nicht über die Mannschaft entlädt“, sagte er. Eigentlich hatten seine Mädels gut begonnen, in Person von Grace Mc Swain nach 20 Sekunden bereits den Pfosten des Neuköllner Kastens auf dessen Standfestigkeit überprüft und in der 5. Minute durch Theresa Geidel die Führung erzielt, die sich über rechts durchsetzte, mit dem Ball am Fuß in den Neuköllner Strafraum eindrang und mit rechts einlochte. Nach zehn Minuten war es dann aus mit der Schöneberger Herrlichkeit. Davon profitierte Neukölln bald. Alina Schramma nahm den Ball mit, vielleicht mit der Hand. Die Defensive des 1. FC hielt in Erwartung des Schiedsrichterpfiffs inne. Der blieb aus und Schramma konnte ungehindert egalisieren (30.). Noch vor der Pause gelang erneut Geidel die Führung für die Gastgeberinnen, sie erlief von außen einen Steckpass und schob ein.
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So recht beschreiben konnte Schilling die beiden ersten Treffer von Neukölln nach der Pause nicht, schließlich guckte er lieber woanders hin. Jedenfalls klingelte es in der 48. und 52. Minute, Mareen Härte – seit Mittwoch für den erfolglosen Christian Rekow als Spieler-Trainerin der BSV-Reserve im Amt – drehte die Partie. Zehn Minuten vor dem Ende der Begegnung schien die Messe für ihr Team sogar schon gesungen: Auch Alina Schramma schnürte ihren Doppelpack. Doch Schöneberg stemmte sich gegen die Pleite gegen den Tabellenletzten und kam durch Malgorzata Szot und Alina Hüttich noch zum Ausgleich.
War darüber noch jemand glücklich in Schöneberg? „Die Mannschaft schon, ich nicht“, wetterte Schilling. „Wenn du als Tabellenachter das Schlusslicht zu Gast hast, solltest du schon gewinnen. Und schon gar nicht darf man sich vier Gegentreffer fangen. Wir haben einfach nicht mehr gedeckt.“ Bei Grün-Weiß nimmt man den Zähler nicht nur gerne mit, sondern auch als Initialzündung. „Die Aufholjagd hat begonnen“, sagte Mareen Härte.
SC Charlottenburg – SV Buchholz …… 1:2 (0:2)
Charlottenburgs Trainer Daniel Kübler war nach der Niederlage genervt. „Wir haben vor dem Spiel über den Patzer von Hansa gesprochen, die Mädels waren hoch motiviert – und dann kommt so eine Leistung“, schimpfte er. Mehr Ballbesitz habe sein Team schon gehabt, „aber was nützt einem das allein?“
Kübler war Zeuge eines insgesamt recht chancenarmen Topspiels. „Ich glaube, beide Teams hatten tauchten außer bei den Toren vielleicht noch ein- bis zweimal vor dem gegnerischen Tor auf, das war’s. Und das war dann jeweils auch nicht wirklich gefährlich. Die Partie habe sich vorwiegend im Mittelfeld abgespielt und bei dem Treiben dort fand Kübler das Team aus Buchholz „einfach frischer im Kopf“. „Jede 50:50-Situation, ob Pressschlag, Zweikampf, Querschläger – immer kam der SV an den Ball.“

So konnte dann auch keine Charlottenburgerin die Buchholz’sche Torjägerin Vivien Rogatzki am Führungstreffer hindern. Am 16er bekam sie den Ball mit dem Rücken zum Tor zugespielt, zog aus der Drehung ab und versenkte den Ball zum 0:1 in der Ecke des SCC-Gehäuses (18.). „Ein sehr schönes Tor, unsere Torhüterin war machtlos“, erkannte Kübler an. An den zweiten Gegentreffer nur zwei Minuten später konnte er sich nicht wirklich erinnern, vermutlich, weil er wegen dessen Entstehung vor Wut gerade ein Stück aus dem Charlottenburger Kunstrasen gebissen hatte. „Unnötig wie ein Kropf. Wir verlieren in der Vorwärtsbewegung den Ball und dann nahm das Unglück seinen Lauf“ – Monique Schettle traf jedenfalls für den SV zum 0:2 (20.).
Rebekka Frank brachte Charlottenburg nochmal heran (83.), sie verwandelte im Nachschuss aus 15 Metern – 1:2. Dabei blieb es. „Wir hätten heute auf einen Punkt an Hansa heranrücken können. Stattdessen sind es jetzt vier und wird jetzt ungemein spannend, weil sich Buchholz wieder in das Aufstiegsrennen eingeklinkt hat. Wie gesagt: nervig“, so Kübler.
FSV Hansa 07 – Moabiter FSV …… 3:3 (2:2)
Nach einem packenden Klassiker der Landesliga trennten sich Spitzenreiter Hansa und der Tabellensechste aus Moabit mit einem Remis. Iris Forcadell Cluret brachte die Gastgeberinnen mit einem sehenswerten Treffer in Führung. Hansa führte eine Ecke kurz aus, der Ball erreichte Forcadell Cluret halbrechts an der Strafraumlinie und per Bogenlampe senkte sich ihr Schuss mit dem rechten Fuß in den kurzen Giebel (9.). „Ein sehr schönes Tor“, sagte Hansa-Coach Nico Nowack und befand den Vorsprung aufgrund der starken Anfangsphase auch für verdient.
Kurz vor der Pause stand es allerdings 1:2. Fine Herzog hatte recht bald im Nachfassen ausgeglichen (14.) und Youngster Linda Goyk mit einem Freistoß jenseits der 20-Meter-Marke sogar die Führung für die Mannschaft des Trainers Martin Meyer erzielt (38.). An der Wende der Partie störte Nowack nicht einmal, dass seine Torhüterin Frederike Gramm bei der Goyk-Bude nicht besonders gut aussah. „Vielmehr sind wir wir einfach nicht mit dem hohen Pressing von Moabit klar gekommen“, monierte der 07er-Coach. „Wir wussten, was uns erwartet, aber es ist uns einfach nicht besonders gut gelungen, die erste Reihe zu überspielen. Moabit hat das aber auch gut gemacht.“

In der zweiten Hälfte sei seinem Team das besser gelungen, so Nowack. Beim erneuten Salto der Partie profitierte der Branchenführer aber auch davon, dass es in diesem Jahr wieder mächtig „Duschlt“ in der Wrangelritze. Noch vor der Pause schlug Verena Wunderer eine Ecke von links auf den kurzen Pfosten. Dort stand Hansas Top-Torschützin Sophie Duschl und nickte ein (40.). Meyer fand, seine Schützlinge hätten das besser verteidigen müssen, zollte dem Treffer aber auch Respekt: „Wunderer tritt schon sehr starke Standards.“ Ihr zweiter Streich gelang Duschl nach einer Stunde und einer filmreifen Slapstick-Einlage. Vor dem Moabiter Kasten hauten und stachen etliche Protagonistinnen nach dem Ball. „Ich glaube nach dem fünften Abpraller war der Ball dann endlich drin“, berichtete Meyer und er ärgerte sich: „Eigentlich waren wir da gerade wieder am Drücker.“ Nowack ergänzte die Torentstehung: „Duschl hat schließlich in Gerd-Müller-Manier den Ball aus neun Metern Entfernung in die lange Ecke geschoben.“
Julia Odemann riecht den Braten am schnellsten
Gerne hätte der Trainer der Gastgeber nach der erneuten Führung nun ein konsequentes Nachsetzen und das 4:2 seiner Elf gesehen. „Dann wäre die Messe auch gesungen gewesen“, so Nowack. Es kam aber anders. Zum einen, weil bei einem Moabiter Konter die an diesem Tag zur Linksverteidigerin umfunktionierte Susanna Pracht für eine weit aufgerückte Sechs das Zentrum schloss, zum anderen, weil der Moabiter FSV genau das schnell erkannte und den Ball zu Michelle Heyder auf seine nun verwaiste rechte Angriffsseite brachte. Heyder lief noch ein paar Meter und zog ab, ihr Schuss sprang an die Unterkante der Latte und von dort zurück ins Spiel. Julia Odemann roch den Braten am schnellsten und staubte ab: 3:3 (79.).
Ein leistungsgerechtes Unentschieden, erklärten die beiden Trainer am Ende unisono. Martin Meyer war mit dem Punkt beim Tabellenführer sehr zufrieden. „Wir schielen ja nicht nach ganz oben, sondern wollen unter die ersten vier oder fünf kommen. Und mit so einer Leistung schaffen wir das auch noch.“ Nico Nowack konnte ob des Patzers des ärgsten Verfolgers Charlottenburg ebenfalls zufrieden sein, schließlich baute seine Truppe die Führung aus. So wirklich war er es aber nicht. „Moabit hat es uns schwer gemacht. Wir haben stark begonnen, dann aber den Faden verloren. Und irgendwie waren die Gegentore auch unnötig.“
Sophie Duschl – mit ihrem Doppelpack steht sie nun mit 13 Treffern an der Spitze der Torjägerinnen – war ebenfalls nicht glücklich. „Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit zu hektisch gespielt und uns von Moabit unter Druck setzen lassen. Eigentlich hatten wir da einige Gegenmittel besprochen. Außerdem: Drei Tore zuhause sollten eigentlich reichen zum Sieg. Deshalb war der Punkt für Moabit auch verdient.“
Titelbild: Gute Laune hatten Hansa und der Moabiter nicht nur vor dem Spiel. Mit dem Remis konnten beide Teams gut leben, wenn der Moabiter auch ein bisschen besser. Foto: Nikola Steinhardt
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