Senge für die Eintracht

Fußballerinnen des FC Viktoria 1889 schenken schwachen Gästen aus Leipzig amtlich ein

von Matthias Vogel

Kurz vor der Pause schraubte die Viktoria das Ergebnis binnen vier Minuten von 2:1 auf 5:1 in die Höhe – der vorgezogene Genickbruch für den SV Eintracht Leipzig-Süd. Am Ende stand ein 8:1 auf der Anzeigetafel der Lichterfelder Arena. Danya Barsalona erwischte einen Sahnetag, sie alleine traf fünfmal ins Schwarze.

Hendrik Rudolph, seit dieser Saison Trainer der Eintracht, war nach dem Abpfiff konsterniert. „Eine Spitzenmannschaft der Regionalliga hat uns heute ganz klar unsere Grenzen aufgezeigt“, sagte er. Klar, seine beiden etatmäßigen Außenverteidigerinnen hätten gefehlt, dazu habe man auf ein neues, mutigeres System umgestellt, was „gründlich in die Hose gegangen ist“, wie er zugab. „Andererseits wäre es heute egal gewesen, mit welcher Taktik wir gespielt hätten. Es war aussichtslos!“

Fünf Treffer, davon drei mit dem Kopf – da fliegt schon mal ein Küsschen von Danya Barsalona ins Publikum. Foto: Matthias Vogel

Recht hatte er wohl. Seine Schützlinge waren völlig überfordert mit dem Spiel- und Lauftempo der Viki-Girls. Ein Steilpass nach dem anderen durchschnitt die Leipziger Ketten. Dazu erwiesen sich die Gäste auch bei Ecken anfällig. Und so kam es zu einem Hattrick von Barsalona. Zwei Kopfballtore erzielte die zweitkleinste Spielerin im Viki-Dress – jeweils nach von Dilara Agac maßgeschneiderten Ecken (8., 36.), dazwischen wurde sie auf halblinker Position auf die Reise geschickt und verstaute den Ball sauber an Eintracht-Torhüterin Franziska Glaser vorbei in der langen Ecke (10.). Ein lupenreiner Hattrick im klassischen Sinne konnte Barsalona deshalb nicht verbuchen, weil Nell Biallaß der zwischenzeitliche Anschlusstreffer zum 2:1 gelungen war. Ein Zuspiel von der rechten Seite nahm die flotte Angreiferin mit dem ersten Kontakt schulbuchmäßig in die Laufrichtung mit, entwischte dadurch dem FC-Innenverteidiger-Duo Vanessa Lux und Jessica Purps und ließ dann auch noch Torhüterin Inga Buchholz aussteigen, ehe sie mit dem linken Fuß einschob (23.).

Barsalonas zweites Kopfball-Tor, eine Kopie ihres Treffers zum 2:1 durch Corinna Statz (38.) sowie eine abgefälschte Bogenlampe von Dilara Agac – die auf Höhe der Leipziger Strafraumkante vom rechten Flügel nach innen cruiste und einfach mal mit dem linken Fuß abzog, rückten die Kräfteverhältnisse auf dem Feld wieder in das rechte Licht. „Schlüsselminuten“, nannte Viki-Coach Johannes Fritsch die Phase, in der die drei Blitztore fielen. Die Sahne auf der Tor-Gala spendierte erneut Barsalona – noch vor dem Seitenwechsel. Eine Flanke der fleißigen Selina Grosch von der linken Seite bugsierte sie in die Maschen, wieder per Kopf, wie sonst? (45.) Zur zweiten Schicht war die Viktoria wieder sofort präsent, zwei weitere Tore fielen nach bewährtem Schnittstellenpass-und-Tor-Rezept. Jullien Ramirez durfte sich herzen lassen, dann krönte Barsalona ihre Top-Leistung an diesem Tag mit dem fünften Treffer.

Leipzigs Defensive kam vor allem mit den Tiefenläufen der Viktoria – hier Corinna Statz (re.) auf dem Weg – nicht klar. Foto: Matthias Vogel

Vielleicht liegt es in der Natur der Dinge, dass die Partie irgendwann anfing, vor sich hinzuplätschern. Fritsch – natürlich zufrieden mit dem Gesamtauftritt seines Teams – schmeckte das nicht so recht. „Das haben wir uns in der Pause anders vorgenommen“, sagte er. Auch dass der Gegentreffer durch Biallaß irgendwie zu einfach gefallen war und der Eintracht-Stürmerin in der zweiten Hälfte um ein Haar ein ähnlicher Coup gelungen wäre, hat sich Fritsch auf der Soll-Seite seines Notizblockes notiert. „Einerseits klar, wenn man so hoch agiert wie wir heute, dann kann das passieren. Auf der anderen Seite ist es vermeidbar.“

Nell Biallaß (re.) hier bedrängt von Anina Sange, wäre in der zweiten Hälfte fast noch ein Tor gelungen. Foto: Matthias Vogel

In der Nacht auf Sonntag, 19. September, rangiert die Viktoria auf dem Platz an der Sonne, dann greifen die anderen Schwerathleten der Liga in das Geschehen ein. Ab Montag gilt es dann, den Rhythmus aufrecht zu erhalten. Erst am 10. Oktober steht das nächste Spiel in der Regionalliga Nordost auf dem Programm, die Himmelblauen gastieren dann bei der Zweiten von Turbine Potsdam. Nächstes Wochenende ist ein Test gegen den Berlin-Ligisten FC Internationale geplant. „Das müssen wir angehen, wie ein Punktspiel“, so Fritsch. Und der SV Eintracht Leipzig-Süd? Will sich nicht unterkriegen lassen. „Die Leistungsspanne zwischen dem halben Dutzend Spitzenteams und dem Rest ist enorm. Wir werden unsere Punkte machen gegen den Abstieg, da bin ich mir sicher. Aber es ist für uns Trainer und die Mädels schon schwer, die Köpfe nach so einer bitteren Niederlage wieder hoch zu bekommen. Ich habe dem Team aber im Bus auf dem Weg nach Hause gesagt, dass wir in RB Leipzig II, Jena II und jetzt Viktoria drei dicke Brocken der Liga weghaben, trotzdem stehen vier Punkte auf dem Konto. Das ist ja nicht so schlecht“, sagte Rudolph.


FC Viktoria 1889 Berlin – SV Eintracht Leipzig-Süd 8:1 (6:1). Viki-Girls: Buchholz, Statz (61. Shigjeqi), Lux, Barsalona, Sange (61. Zietz), Agac (74. Lorenz), Grosch, Purps, Sänger (46. Dey), Gerken, Trapp (46. Ramirez). Leipzig-Süd: Glaser, Hoffer (60. Börner), Wendel, Baum, Melsheimer (79. Engert), Jankowski (76. Weber), Krauße, Heckler, Biallaß, Schuster, Förster. Tore: 1:0, 2:0, 3:1, 6:1, 8:1 Barsalona (8., 10., 36., 45., 52.), 2:1 Biallaß (23.), 4:1 Statz (38.), 5:1 Agac (39.), 7:1 Ramirez (49.). Schiedsrichterin: Linda Kollmann. Zuschauer: Viel zu wenig.

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von Anders Noren.

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