Nur eine Serie – In der Regionalliga der Frauen heißt es: Punkte hamstern!
von Matthias Vogel
Egal ob beim Top-Spiel zwischen Türkiyemspor und den Eisernen Ladies, dem Gastspiel der Viktoria bei Babelsberg 74 oder bei den Duellen aus den unteren Gefilden zwischen dem SFC Stern 1900 und dem Rostocker FC sowie zwischen Rot-Weiß Erfurt und Hohen Neuendorf – unter Umständen wiegen die Ergebnisse jetzt schon schwer. Wer sich also zu verhalten verhält, könnte mitsamt seinen Zielen schnell an der Wand kleben.
Türkiyemspor Berlin – 1. FC Union Berlin … So., 14 Uhr
Besonders beim Run auf den Titel und damit auf den einzigen Aufstiegsplatz schmerzt jeder Punktverlust. Mindestens einen Meisterschaftsaspiranten wird es in dieser Hinsicht an diesem Sonntag, 12. November, auf jeden Fall erwischen. Im Katzbachstadion an der Dudenstraße empfängt Türkiyemspor den 1. FC Union Berlin. Beide Teams gingen mit einem neuen Trainer in diese hoch spannende Saison, die Kreuzbergerinnen vertrauen nach einer gefühlten Ewigkeit unter der Ägide von Murat Dogan in Deniz Corr einem Youngster, das Team aus Köpenick setzte nach dem Abschied von Falko Grothe und dem kurzen Engagement seiner Nachfolgerin Juliane Guhr auf deren Co-Trainer Björn Münnich. Und beide Teams wollen bei der Vergabe des Titels ein gewichtiges Wörtchen mitreden.

Den besseren Start erwischte Corr mit seiner Squad, einem 4:0 zuhause gegen Hohen Neuendorf folgte am vergangenen Wochenende ein 7:2-Kantersieg gegen Bischofswerda. Die Eisernen Ladies gewannen jüngst zwar beim SFC Stern 1900 (4:1), mussten sich aber zum Auftakt der zweiten Garnitur von Turbine Potsdam mit 2:3 beugen. Advantage Türkiyemspor? Bestenfalls mental. Jedenfalls sieht Corr es so. „Klar, wir haben einen Lauf und werden auch gegen Union auf Sieg gehen. Aber ich glaube, das wird ein Spiel auf Augenhöhe und ich erwarte auch nicht, dass sich Union vor uns versteckt.“

Es ist nicht nur ein Spitzenspiel. Zusätzliche Brisanz erhält die Partie durch den besonderen und ganz eigenen Schwung, den das Personalkarussell vor dieser Spielzeit aufgenommen hatte. Gleich fünf Spielerinnen von Union sind in Kreuzberg abgesprungen, darunter auch Offensiv-Ass Josephine Bonsu, die mit vier Treffern aktuell die Spitze der Torjägerinnen-Liste ziert. Auch Lena Wolter wechselte zum Rivalen, kann beim Wiedersehen allerdings nicht dabei sein, sie ist vergangenes Wochenende umgeknickt und fällt mit Verdacht auf Bänderriss aus. „Ansonsten haben wir alle an Bord“, so Corr.
SFC Stern 1900 – Rostocker FC … So., 15 Uhr
„Wir müssen dieses Spiel gewinnen. Punkt!“, sagt Thomas Remark, nach dem Wechsel von Johannes Fritsch zum Lokalrivalen FC Viktoria und einer längeren Suche als neuer Chef-Trainer der Steglitzerinnen installiert. Für beide Teams kommt hier der Druck von unten, mit jeder Niederlage wird das Abstiegsgespenst ein wenig lauter mit seinen Ketten rasseln. Remark ist guter Dinge, dass es für seine Elf nach diesem Wochenende erst einmal verstummt. „Wir hätten gegen Bischofswerda einen Punkt verdient gehabt und spielen am vergangenen Wochenende gegen Union in der zweiten Hälfte 1:1, wobei das Tor für Union auch noch abseits war. Das war schon recht ordentlich, die Mannschaft hat sich gesteigert.“
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Dazu sei die Auswechselbank an diesem Wochenende wieder besser bestückt: „Wenn wir fünf Mal auswechseln müssten, können wir das tun. Am vergangenen Wochenende waren wir in der Schlussphase nur noch zu neunt.“ Die Statistik spreche für „uns“, scherzte Remark angesichts der weniger kassierten Gegentore, ehe er wieder ernst wurde: „Das ist doch klar. Es gibt morgen kein Vertun, die drei Punkte müssen bei uns bleiben.“ Nicht mithelfen dabei können Kerstin Gohlke, Charlotte Bruch und Kimberly Lange, alle drei fallen verletzungsbedingt länger aus.

1.FFV Erfurt – B.W. Hohen Neuendorf … So. 14 Uhr
„Ernten was wir säen“ heißt ein Song der Fantastischen Vier, vielleicht summt ihn Ex-Viki-Coach Roman Rießler vor sich hin, wenn er morgen früh mit seiner neuen Mannschaft des B.W Hohen Neuendorf in den Bus in Richtung Erfurt steigt. „Mehr als zehn Wochen haben wir hart an uns gearbeitet. Jetzt stehen uns in Erfurt, dann im Pokal und nächste Woche zuhause gegen DFC Westsachsen Zwickau drei interessante Spiele bevor. Es gilt jetzt, die guten Ansätze im Training in Zählbares umzumünzen. Wir wollen die maximale Ausbeute, also sechs Punkte und im Pokal eine Runde weiter“, so Rießler.

Er erwartet körperlich robuste, tief und kompakt stehende Erfurterinnen, die mit einzelnen Tempogegenstößen über ihre schnellen Außen zum Erfolg kommen wollen. Sein Team soll im Mittelfeld situativ pressen und bei Balleroberung ebenfalls flott nach vorne kombinieren. „Dazu wollen wir bei Ballverlust in der gegnerischen Hälfte sofort wieder präsent sein“, sagt der Coach. Und wenn der Gegner geordnet stehe, gehöre sicherer Ballbesitzfußball ebenfalls zur Wahl der Mittel. „Ein frühes Tor wäre wichtig für uns. Aber letztendlich wird entscheidend sein, welche Mannschaft gieriger auf diese drei Punkte ist.“
Mit der Entwicklung in Hohen Neuendorf ist Rießler sehr zufrieden. Eine recht stabile Achse – bei der Torhüterin Suna Stein angefangen, über die Innenverteidigung und das zentrale Mittelfeld bis hin zum Angriff – habe sich seit dem Wiederaufbau nach der Corona-Pause herauskristallisiert, von der nun weitere junge Spielerinnen bei ihrem Fortschritt profitieren würden. „Alles wirklich gut, aber nun muss eben auch geerntet werden.“ Marie Heinz, Charlie Pantelmann, Josepha Nunold und Annika Zoschke stehen Rießler nicht zur Verfügung, der Einsatz von Pauline Wimmer ist fraglich und Chaima Labidi sowie Charlie Thiel sollen Spielpraxis in der Zweiten sammeln. „Ansonsten sind wir komplett“, so Rießler.
SV Babelsberg 74 – FC Viktoria 1889 Berlin … So. 14 Uhr
Etwas verschnupft wirkte Viki-Coach Johannes Fritsch vor der unbequemen Partie in Babelsberg. „Es stört mich einfach, wenn ich meine Idee für das Spiel schon im Vorfeld zweimal anpassen muss.“ Mit anderen Worten: Die Viktoria kann personell nicht aus dem Vollen schöpfen. Besonders der Urlaub von Trinity Künzel und Dilara Agac liegt Fritsch schwer im Magen, weil beides Spielerinnen sind, die durch ihre Kombination Speed und Ballgewandtheit den Unterschied beim Gastspiel im Brandenburgischen machen könnten. „Denn der Platz dort ist klein und 74 hat das Spiel darauf perfektioniert.“ Und das gehe in etwa so: Im 4:3:2:1 erwarte Babelsberg die Gegner in der Tiefe, suche dann über Inka Wesely und flotte Flügelspielerinnen den Weg zum gegnerischen Tor. „Das machen sie clever und routiniert“, so Fritsch, weshalb ihm auch das Fehlen von Tatjana Fandre (Verdacht auf Riss des Trommelfells) und Celine Dey (krank) Sorgen macht. „Zwei Spielerinnen, die wiederum eben diese Skills mitbringen.“

Der weiß-grüne „Tannenbaum“ als undurchdringbares System? „Nein, nein. Ist schon immer noch so, dass wir dort als Favorit hinfahren. Aber Babelsberg hat im Vorfeld arg tiefgestapelt, doch die Aufgabe dort ist nicht ohne. Sowohl RB Leipzig II als auch Union haben das bereits feststellen müssen.“ Ballbesitz, Geduld und Mut beim Abschluss könnten gute Zutaten für das Viki-Rezept sein. „Und eine höhere Effizienz vor dem Tor des Gegners als im Spiel gegen Magdeburg wäre wichtig“, so Fritsch.
Nur 14 Spielerinnen versuchen morgen, drei Zähler auf das Konto der Viktoria zu schaufeln. Unter die ersten Drei möchte Fritsch mit seiner Mannschaft in dieser Saison landen, das Remis gegen Magdeburg vergangene Woche war ein herber Dämpfer. Ist die Viktoria jetzt schon unter Druck? „Nein. Dafür ist es trotz kurzer Saison noch zu früh. Auch die anderen Top-Teams können schließlich noch stolpern.“
Titelbild: Judith Diecke
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