Auf verlorenem Posten

Viktorias Fußballerinnen bleibt der Weg in die 2. Bundesliga zu Recht verwehrt

von Matthias Vogel

Auch im Rückspiel haben die Viki-Girls gegen den SV Henstedt-Ulzburg klar mit 1:3 den Kürzeren gezogen und gehen in der kommenden Saison erneut in der Regionalliga an den Start. Ein Umstand, der am Ostpreußendamm keine allzu große Träne im Knopfloch bewirkt.

Rocco Teichmann, Sportdirektor des FC Viktoria 1889 Berlin, fasste am Tag nach der erneuten Pleite in Schleswig-Holstein die Aufstiegsspiele so zusammen: „Ich habe mir beide Spiele angesehen. Nur in einer von vier Halbzeiten haben wir Henstedt-Ulzburg wirklich fordern können. Das reicht natürlich nicht.“ Zwar stand es auf der himmelblauen Internetpräsenz vor den beiden Partien sinngemäß geschrieben, dass es nach Jahren an der Spitze der Drittklassigkeit einmal Zeit für den Aufstieg in den Profibereich wäre, die Trauer über die verpasste Chance darauf hielt sich bei Teichmann aber in Grenzen. „Wir sind Sportsleute und hätten den Aufstieg natürlich gerne mitgenommen. Das war am Engagement des Teams auch klar zu erkennen. Die 2. Bundesliga wäre allerdings auch schon auch ein ordentlicher Kraftakt für uns geworden. Deshalb können wir auch mit der jetzigen Situation gut leben.“

Viki-Girl Selina Grosch (re.) im Zweikampf mit der Doppeltorschützin Tomke Dziesiaty. Foto: Nils Göttsche

1:4 hatten die Viki-Girls vor Wochenfrist und heimischem Publikum verloren, dabei aber in der ersten Halbzeit Henstedt-Ulzburg vor große Probleme gestellt. Beste Chancen blieben ungenutzt, mal fehlte ein bisschen Spielglück, mal das Vermögen. Der Meister der Regionalliga Nord lieferte Anschauungsunterricht in Sachen Effektivität, nutzte seine Möglichkeiten eiskalt aus. Weil die erste Schicht so viel versprechend war, wollte Viktorias Interimscoach David Pietrzyk vorgestern nicht von der taktischen Marschroute abweichen. Doch „HU“ erwies sich als bestens eingestellt, erschwerte den Berlinerinnen früh den Spielaufbau, Chancen blieben so auf beiden Seiten Mangelware. „Die haben uns gut zugestellt und wir waren a) nicht in der Verfassung, und b) fehlten uns die Ideen, um dafür Lösungen zu finden“, konstatierte Viki-Spielführerin Stephanie Gerken nach der Begegnung.

Eine Viertelstunde nach Anpfiff der Partie nahm das Unglück für den FC seinen Lauf. Jennifer Michel setzte sich auf der rechten Seite durch, schoss aus spitzem Winkel auf den Viki-Kasten. Der Ball klatschte an den langen Pfosten und von dort vor die Füße von Tomke Dziesiaty, die aus kurzer Distanz artig zum 1:0 abstaubte (13.). Die gleiche Schützin schritt dann in der zweiten Hälfte zur Tat. Diesmal überlistete sie Viktorias Torhüterin Julia Haake mit einem Heber aus der Drehung, von der linken Strafraum Ecke aus (50.). „Das war dann schon anspruchsvoller“, freute sich SV-Coach Christian Jürss über die Vorentscheidung. Kurz zuvor hatte Marlies Sänger den Ausgleich auf dem Fuß, als sie alleine auf Torhüterin Saskia Schippmann zustürmte, für ihren Heber allerdings das falsche Eisen wählte, Schippmann konnte parieren. „Wenn dann im Gegenzug das 2:0 fällt, ist die Moral natürlich im Keller“, wertete Viki-Coach Pietrzyk diese Szene.

Luft raus, das Ding für die Viktoria längst um die Ecke – das restliche Geschehen komplettierte also lediglich die Chronik: Indra Hahn markierte nach scharfer Hereingabe das 3:0, Hülya Kaya auf Zuspiel von Dilara Agac noch das 3:1, Gerken hätte danach mit einem weiteren Tor noch nachschminken können, aber das war ihr dann auch einerlei: „Nach dem Hinspiel-Ergebnis war HU klarer Favorit. Wir haben es versucht, man muss aber neidlos anerkennen, das die den Aufstieg über beide Spiele hinweg gesehen klar verdient haben.“ Und weil sich die Mannschaft darüber schnell einig gewesen sei, sei die Stimmung im Bus auf dem Weg nach Hause auch gar nicht so gedrückt gewesen, so Gerken. „Und die Regio in der kommenden Saison ist ja auch super attraktiv. Pietrzyk, der mit sofortiger Wirkung dem FC wieder nur noch als Co-Trainer der Herren-Elf zur Verfügung steht, befand auch: „Wir sind zwar alle enttäuscht, das hat man vor allem den Mädels angemerkt. Aber für den Aufstieg war das zu wenig.“

Eile ist geboten: Es fehlt noch ein Trainer

Der Berliner Frauenfußball bleibt also weiterhin ohne Bundesligisten. Das ist schade, doch Rocco Teichmann ordnete noch einmal ein: „Ich werde jetzt sicher genauso gerne in die Arbeit gehen, wie vorher.“ Das trifft sich gut, er muss jetzt nämlich tätig werden, um nach der Demission des langjährigen Trainers Roman Rießler vor den Aufstiegsspielen schnell adäquaten Ersatz zu finden. Bereits am 29. August findet das erste Punktspiel der neuen Saison statt, eine Woche vorher läuft für die Viki-Girls die erste Runde des DFB-Pokals. „Ich habe noch in dieser Woche Gespräche, ich bin zuversichtlich, dass wir schnell jemanden finden“, so der Sportdirektor.


SV Henstedt-Ulzburg – FC Viktoria 1889 Berlin 3:1 (1:0). Viki-Girls: Haake, Lux, Barsalona (32. Agac), Sange, Fandre, Grosch, Künzel (70. Kaya), Geßner (60. Purps), Sänger, Gerken, Trapp. Tore: 1:0, 2:0 Dziesiaty (13., 50.), 3:0 Hahn (81.), 3:1 Kaya (85.). Schiedsrichterin: Anke Hölscher. Zuschauer: 400.

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