Die Fußballerinnen des FC Viktoria 1889 Berlin wollen beim SV Henstedt-Ulzburg das Unmögliche möglich machen
von Matthias Vogel
Das Brett, dass die Viki-Girls am morgigen Sonntag, 27. Juni, beim Rückspiel in der Relegation um den Aufstieg in die 2. Bundesliga zu bohren haben, könnte kaum dicker sein: 1:4 unterlag die Elf von Interimscoach David Pietrzyk zuhause gegen den SV Henstedt-Ulzburg. Doch die Berlinerinnen haben während der Woche ihren Holzbohrer-Set nachgeschliffen und steigen zuversichtlich in den Bus gen Norden.
Bei Andreas Purps kribbelt es so „komisch“ in der Magengegend. Er gehört seit Jahren zum Betreuerstab der Fußballerinnen des FC Viktoria, unterstützt am Spieltag und während des Trainings, wo immer er kann. „Ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl, wir gewinnen – und zwar hoch.“ Komisch ist diese Ahnung deshalb für ihn, weil die Lage für die Viki-Girls ja tatsächlich aussichtslos erscheint, zumal nach FIFA-Regeln gespielt wird und Auswärtsstore bei Gleichstand schwerer wiegen. Vielleicht taugt Purps aber tatsächlich zum Orakel. Alle Höhen und Tiefen der Viki-Girls hat er mitgemacht, so eine Aussage aber nur selten, wenn überhaupt schon jemals getroffen.

Natürlich hat Purps seine Mädels trainieren sehen seit der bitteren Pleite am vergangenen Sonntag. Möglich, dass das seine Ahnung dadurch Nahrung erhalten hat. Capitana Stephanie Gerken jedenfalls war zufrieden: „Wir haben an der Intensität unseres Pressings gearbeitet und viel Torabschlüsse trainiert. Dabei mehr Aggressivität eingefordert. Die Stimmung ist gut, ich denke, die Niederlage ist aus den Köpfen raus.“ Auf keinen Fall, so Gerken weiter, betrachte ihre Viktoria das Auswärtsspiel als das Abhaken einer Pflichtaufgabe. „Wir fahren zuversichtlich und mit einem guten Plan zum Rückspiel. Und wenn es uns ein frühes Tor gelingt, dann könnte das durchaus noch etwas werden.“
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Ihr Trainer David Pietrzyk denkt nicht im Traum daran, die taktische Marschroute morgen in Schleswig-Holstein zu ändern. Also: Hoch anlaufen, aggressiv pressen und im Falle eines Ballgewinns im letzten Drittel schnell den Abschluss suchen. „Das hat ja am Sonntag in der ersten Halbzeit ja auch bestens funktioniert“, sagt er. So war es, die Viki-Girls hatten während der ersten Schicht beste Chancen für gut und gerne drei Tore, „HU“ wirkte teilweise und überfordert. Dass sein Gegenüber Christian Jürrs mit einer „Korrektur der Grundformation“ in der Pause den Berlinerinnen jeglichen Offensiv-Wind aus den Segeln genommen hatte, beirrt Pietrzyk nicht: „Null! Weil ich denke, dass wir konditionell da auch nicht mehr auf der Höhe waren. Jetzt sind wir bereits eine Woche weiter.“ Jürrs teilt die Ansicht, ob der beiden Quali-Spiele seiner Elf gegen Hannover 96 und einem Pokalspiel während der Vorbereitung auf die Aufstiegsspiele einen Kräfte-Vorteil gegenüber der Viktoria gehabt zu haben. Er ist sich aber auch sicher: „Wenn wir von Beginn an so auftreten wie in Berlin in der zweiten Hälfte, dann werden wir uns den Aufstieg auch nicht mehr nehmen lassen.“ Die Gäste hatten keine Viki-Chancen aus dem Spiel heraus mehr zugelassen und ihrerseits brandgefährliche Konter gefahren.

Großartig reflektieren konnten die Fußballerinnen aus dem Norden ohnehin nicht. Während der Woche rief der Pokal (13:0-Sieg), erst dann lag der Fokus wieder auf morgen. „Es war kaum Zeit“, sagte Jürrs. Er kann auf den gleichen Kader des Hinspiels zurückgreifen („Es kehrt aber a uch niemand zurück.“), Pietrzyk muss eventuell auf die Dienste von Angreiferin Danya Barsalona verzichten, die im Stadion Lichterfelde vor einer Woche alleine drei Hochkaräter ungenutzt ließ. Sie plagt eine Oberschenkel-Blessur. „Ob sie spielt, entscheidet sich nach dem Aufwärmen“, so Pietrzyk.

Was noch? Die Kugel läuft ab 14 Uhr auf dem Rasenrechteck am Schäferkampsweg 32 in Henstedt-Ulzburg. Und dann wird man bald sehen, welcher Trainer den besseren Matchplan am Start hat, welches Team mehr Spirit an den Tag legt. Oder ob nicht ganz einfach das Purps’sche Orakel greift.
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