von Matthias Vogel
Die Regionalliga-Fußballerinnen des FC Viktoria 1889 Berlin passieren als Tabellenzweiter die Wendemarke im Rennen um Ruhm und Ehre. Denn an mehr glaubt in Lichterfelder keiner so wirklich – zu weit ist Klassenprimus RB Leipzig der Konkurrenz enteilt. Trainer Roman Rießler legt deshalb den Fokus auf die Weiterentwicklung seiner Equipe. Und die beginnt mit dem Spiel am heutigen Sonntag, 1. März, 14.30 Uhr beim SV Eintracht Leipzig-Süd.
Zum Saisonwechsel hatten die Himmelblauen einen Umbruch zu verarbeiten. Die Lücken, die etwa der Weggang von Torhüterin Inga Buchholz zu Turbine Potsdam, das Karriere-Ende von Top-Stürmerin Anja Kähler, Franziska Schulte und Eyline Jakubowsky, sowie die langfristigen Verletzungen von Jessica Purps und Dilara Agac verursachten, schienen beträchtlich. Doch sie wurden praktisch per Presspassung geschlossen. Neuzugänge wie Vanessa Lux (Stern 1900) und Selina Grosch (Hohen Neuendorf) schlugen sofort ein, andere, wie etwa Anina Sange (Stern 1900) brauchten nur wenig Zeit, um sich zu akklimatisieren, sind aber jetzt auch nicht mehr aus dem Team wegzudenken. Kapitänin Steffi Gerken wirkte nach der Babypause, als wäre sie nie weggewesen, dazu kehrte Hülya Kaya nach kurzfristigem Ausflug zum Berlin-Liga-Spitzenreiter Türkiyemspor Berlin zurück. „Eine ganz wichtige Personalie“, findet Rießler. Dazu kommt, dass die einstige Nummer 2 im Kasten Julia Haake heute eine stabile Nummer 1 gibt und Danya Barsalona ihren zweiten Frühling erlebt. In Summe machte das eben bis zur Winterpause den Platz 2 aus.

Rießler glaubt nicht, dass RB Leipzig noch einzufangen ist. „Vielleicht können Union oder wir sie im Rückspiel schlagen. Aber sie müssten ja noch einmal ausrutschen und dafür sind sie einfach zu stark und konstant“, lautet seiner Einschätzung. Also legt der Viki-Coach sein Augenmerk auf die individuelle Fortbildung seiner Schützlinge und vor allem auf die Entwicklung unterschiedlicher Gangarten des Kollektivs. Ersterer Prozess läuft gut, Beleg ist der merkliche Leistungsaufschwung der beiden Youngster Diana Steinmeyer und Sara Allouch während der Vorbereitung. Und auch als Mannschaft scheint die Viktoria auf einem guten Weg zu sein. Der Test gegen die Zweitliga-Vertretung der Turbinen ging nur denkbar knapp mit 2:3 verloren.
Aktuell liegt der Gewinn der Meisterschaft für die Viki-Girls in weiter Ferne. Aber er soll her eines Tages. „Ob nächstes Jahr oder übernächstes, spielt für mich nicht so eine große Rolle“, sagt der Coach. Vielleicht käme er in diesem Jahr ohnehin zu früh. Denn aus seiner Sicht müsste der Kader ein bisschen breiter sein, bei gleichbleibender Tiefe, versteht sich. Aus dem Fußballjargon übersetzt: Es braucht mittelfristig mehr junge, talentierte und ehrgeizige Spielerinnen in Lichterfelde. „Die Qualität stimmt gerade, verletzen dürfen sich aber nicht allzu viele“, so Rießler.
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Die Ziele für den Rest der Saison formuliert er so: „Wir wollen den Pokal gewinnen und wenigstens den zweiten Platz verteidigen. Es geht aber auch darum, den Zuschauern weiterhin offensiven, attraktiven Fußball zu zeigen, Werbung für den Frauenfußball zu betreiben.“ Die Mischung aus konzertierten Offensivbemühungen, gerne schnell durch das Zentrum, top organisiertem Angriffspressing und einem schnellen Umschalten, wenn es gegen den Ball gehen muss, soll es heute wie morgen machen. Manchmal schielt Rießler auf die Insel, um zu sehen, wie Jürgen Klopp seinen FC Liverpool spielen lässt oder Pep Guardiola Manchester United. „Ein Mix aus beiden Spielsystemen, freilich runter gebrochen auf mein Team, wäre genau nach meinem Geschmack“, sagt er.

Nach aufopferungsvollem Kampf unterlag Viktoria im Hinspiel RB Leipzig mit 1:2, der Tabellendritte 1. FC Union Berlin wurde endlich mal wieder geschlagen, sogar mit einem überzeugenden 4:1. Als eines der drei Top-Teams in einer Liga, die sich in der Mitte bezüglich des Leistungsvermögens ohnehin zu teilen scheint, ist die Viktoria der große Favorit beim Tabellenachten Leipzig-Süd. Rießler wird von seiner Elf einfordern, auch so aufzutreten, sie aber auch eindringlich davor warnen, die Eintracht zu unterschätzen: „Ein unangenehmer Gegner, gut organisiert. Man sieht immer: Da steckt eine Idee dahinter.“ Wer aber den Anspruch hat, im Konzert der Großen zu spielen, der müsse auch dort gewinnen.
Vakanz an vorderster Front
Gespannt dürfen die mitgereisten Fans sein, ob Rießler Neuzugang Celine Dey bringt. Dey flog dem Club in der Winterpause zu, spielte früher für Lübars und Hohen Neuendorf in der zweiten Liga. „Ein echter Gewinn für uns“, lobte Rießler die zweikampfstarke „Sechs“, der es nach eineinhalb Jahren maximal an Spielpraxis fehle. Interessant wird auch sein, wie Rießler die vakante Stelle an vorderster Front besetzt, bei Angreiferin Beslinda Shigjeqi wurde ein Knorpelschaden im Knie festgestellt, der operativ behoben werden muss. Kimberly Zietz könnte sie vertreten, eine andere Variante wäre Hülya Kaya.
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