Bloß nicht aufsteigen

von Matthias Vogel

Adlershof. Stern aus der Regio, die Kickers aus der Berlin-Liga – ihr ahnt den Song und ihr liegt richtig: Ein Landesligist ist dran. Der Adlershofer BC, einst zu höheren Aufgaben berufen, hat sich nach dem Abstieg aus der Berlin-Liga gefestigt, am Ende der abgelaufenen Saison stand Platz 5 zu Buche. Nach oben schielt aber im ABC-Lager niemand.

Jeder funktionierende Frauenfußball-Club in Berlin hat wenigstens eine Konstante, eine treibende Kraft. Bei Adlershof ist das Marcel Seidel. Der Coach der vergangenen Jahre ist ein ruhiger Vertreter seiner Zunft aber wenn er etwas sagt, hat das auch Gewicht. „Wir wollen schon vorne mitspielen, den Aufstieg aber unbedingt vermeiden“, sagt er. Das mutet erst einmal seltsam an, der Galgenhumor ist aber begründet. Denn nicht, dass Seidel keinen Ehrgeiz hätte, im Gegenteil, er schwört seine Truppe darauf ein, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Aber die Berlin-Liga würde für ihn einfach keinen Sinn machen. „Unsere Leistungsträgerinnen sind nicht mehr die Jüngsten und Nachwuchs mit Potential ist zumindest bei uns Mangelware. Wir würden abgeschossen werden.“ Im Klartext: Sein Team hat Landesliga-Niveau – nicht mehr und nicht weniger.

Routinier Manon Tosch (re.) widerstand dem Lockruf von Borussia Pankow und bleibt als wohl wichtigste Säule dem ABC treu. Foto: Matthias Vogel

Der Köpenicker Club kämpft im großen Schatten der 1. FC Union Berlin um`s Überleben. In der Abstiegs-Saison vor zwei Jahren kickte die Seidel-Elf nicht selten in Unterzahl und auch wenn die Ergebnisse trotzdem beachtlich waren, wünscht sich niemand diese Situation. Deshalb hat man beim ABC die Köpfe zusammengesteckt, hat mehrere Lösungen zur Abstimmung gestellt. Der komplette Wechsel der Frauenabteilung zum SV Askania Coepenick war eine Idee, die andere der zu Chemie Adlershof. Die Mannschaft hat sich aus Seidels Sicht für die „einfachste Lösung“ entschieden, nämlich die erste Mannschaft mit der in den vergangenen Jahren erfolgreichen Zweiten – Kleinfeld-Mannschaft – zusammenzulegen. „So haben wir jetzt 24 Spielerinnen im Kader“, beschreibt Seidel den großen Vorteil dieser Maßnahme.

In Unterzahl wird man den Adlershofer BC in der kommenden Spielzeit also wohl nicht kicken sehen, ob die Fusion der Qualitätssteigerung dient, wird sich weisen. „Viele haben keine Erfahrung auf dem Großfeld oder müssen sich wieder daran gewöhnen. Wir werden sehen, ob und wie gut das klappt“, sagt Seidel. Für Spannung ist auch innerhalb der Trainer-Riege gesorgt. Denn die Zusammenarbeit zwischen der ersten und der zweiten Garnitur war in der Vergangenheit nicht immer die beste, wie Seidel sagt. „Steffen Krause hat ja immer um den Titel gespielt und wollte deshalb keine Spielerinnen abgeben. Ich habe dann auch nicht mehr nachgefragt.“ Auch das ist Seidel: eine ehrliche Haut. Er bleibt an Bord, genauso wie sein Co-Coach Sven Klebe. Krause macht aus dem Duo ein Trio. Die Differenzen wurden beigelegt, nun soll an einem Strang gezogen werden. Seidel erwägt allerdings auch, sich in dieser Spielzeit auf die Logistik und die Organisation zu beschränken.

Ein Bild aus der vergangenen Saison: Theresa Raab versucht sich gegen Vivian Dube (hinten) und Andrea Pürstinger durchzusetzen. Foto: Matthias Vogel

Das Niveau der Landesliga hält er für nicht allzu berauschend. Wer den Takt angeben wird, bliebe abzuwarten. „Man muss mal sehen, wie sich Aufsteiger Concordia und Absteiger Borsigwalde einsortieren, diese beiden Teams könnten eine Rolle im Kampf um den Aufstieg spielen.“ Seidels Truppe könnte ebenfalls mitsprechen und das auch gerne. Nur am Ende darf sie eben nicht ganz oben stehen. Patrizia Pfützenreuther, Sarah Hoppe, Susann Schlüter und Maria … stehen nicht mehr zur Verfügung, ansonsten bleibt das Team zusammen. Eventuell komme noch ein Neuzugang mit Regionalliga-Erfahrung hinzu, wie Seidel verriet.

Der ABC ist bemüht, Zeit zu gewinnen. Bei der männlichen B-Jugend trainieren eine Handvoll Mädels mit, die nach der kommenden Saison für die Erste freigemacht werden könnten. Allein den Überlebenskampf sieht der Plan des Trainer-Dreigestirns allerdings auch nicht vor. Dreimal wird gerade trainiert um für die Konkurrenz das zu bleiben, was sie gewohnt ist: ein unangenehmer Gegner.

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