Das Segel baucht sich aus

von Matthias Vogel

Das 5:0 des FC Viktoria 1889 Berlin über Aue war ein Fingerzeig. Es war, als ob die in himmelblau gewandeten Regionalliga-Fußballerinnen aus Lichterfelde sagen wollten: „Wir sind wieder da!“ Dauerdruck für die Gäste aus dem Erzgebirge, die mit der handvoll Gegentreffer gut weggekommen sind.

Wer diesen nachdenkenden WhatsApp-Emoji kennt, der weiß, welches Bild die Viki-Girls in der ersten Viertelstunde der Partie im Kopf hatten: „Hmmm, ich dachte, wir sind hier zuhause.“ Denn Underdog Aue presste tief in der Viktoria-Hälfte umher. So weit, so überraschend. Die Mannschaft von Coach Roman Rießler blieb aber recht cool und wer die Ausmaße des Lichterfelder Stadions kennt, der weiß eben auch, dass hohes Pressing dort richtig fies die Beine geht.

Sahnetag, oder anders – von Aue nicht aufzuhalten: Corinna Statz (am Ball) netzt zweimal ein. Foto: Matthias Vogel

Überraschungseffekt dahin, der anfängliche Druck auf das Viki-Girl am Ball ließ bald nach und die Macht über das Spiel verschob sich pünktlich zur 15. Spielminute schlagartig auf die Füße des Tabellenzweiten. Und aus der Umklammerung konnte sich Aue nicht mehr lösen. Marlies Sänger verwandelte einen Handelfmeter sicher (19.), Corinna Statz erhöhte noch vor der Pause auf 2:0 (30.).

Wehe, wenn sie losgelassen! Belinda Shigjeqis Formkurve zeigt nach oben, hier holt sie zum 4:0 aus. Foto: Matthias Vogel

Statz blühte dann in entgegen gesetzter Spielrichtung regelrecht auf. Bei einem Steilpass aus der eigenen Hälfte spielte sie ihre enorme Schnelligkeit aus, „gewann“ an der Strafraumkante vor Aue-Keeperin Lisa Unger den Pressball, und schob die Kugel seelenruhig zum 3:0 ins verwaiste Tor (57.). Das 4:0 markierte Beslinda Shigjeqi von der gleichen Stelle aus. Ihren wuchtigen Schuss konnte Unger nicht zur Gänze parieren, der Ball trudelte ins Netz (67.). Shigjeqi hätte ihre Leistungsteigerung ein wenig später untermauern können, ihr Halbvolley aus 14 Metern Entfernung klatschte an die Latte. Und dann kam Danya Barsalona. Endlich, wollte man ausrufen, das Tor zum 5:0 war ihr zu gönnen. Immer wieder hatte sie sich über die linke Seite gekonnt durchgesetzt, was bis zu diesem Zeitpunkt fehlte, war entweder ihre eigene Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor oder das ihrer Kolleginnen im Zentrum. Zweimal war sie aus spitzem Winkel auf das Auer Tor zugelaufen und hatte selbst ihr Glück versucht: Nichts!“ Mindestens genauso oft flankte sie nach innen – diesmal patzten die Adressaten.

Danya Barsalona markierte das 5:0, Lohn für eine tolle Leistung auf der linken Außenbahn. Foto: Matthias Vogel

Als Statz die Diagonal-Hatz auf den Ball von der halblinken auf die halbrechte Position gegen zwei Gegenspielerinnen gewann und abzog, war Barsalonas Minute gekommen. Unger riss die Hände hoch und parierte Statzens Schuss prima, Barsalona staubte mit Gefühl anstatt Gewalt ab (86.). „Technisch toll gemacht“, konstatierte Viki-Coach Roman Rießler, der nach dem Pausenpfiff einfach zufrieden war und auch den zahlreichen ausgelassenen Chancen keine Träne nachweinte. „Sehr, sehr gute Einstellung aller Spielerinnen. Ich denke, Aue wird sich gedacht haben: Wann machen die denn mal ruhiger?“ Es scheint, als würde die Viktoria Anlauf für das Saison-Finale nehmen.


FC Viktoria 1889 Berlin – FC Erzgebirge Aue 5:0 (2:0). Viki-Girls: Buchholz – Reh, Purps, Sänger, König – Barsalona, Fandre, Jakubowski, Trapp – Shigjeqi, Statz. Tore: 1:0 Sänger (19.), 2:0, 3:0 Statz (30., 57.), 4:0 Shigjeqi (67.), 5:0 Barrrrsalonaaaa (86.). Schiedsrichterin: Linda Kollmann. Zuschauer: 50 und ein paar Zerquetschte.

Titelbild (Matthias Vogel): Aue stand unter Dauerbeschuss, den Freistoß von Eyline Jakubowski konnte Erzgebirge-Torhüterin Lisa Unger entschärfen.

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