Den großen Coup im Hinterkopf

von Matthias Vogel

Köpenick. In der Regionalliga Nordost lastet aller Aufstiegsdruck auf Klassenprimus Viktoria, in der Berlin-Liga reden alle vom Branchenführer SC Staaken. In beiden Spielklassen sind allerdings die Fußballerinnen des 1. FC Union Berlin in die Rollen der ärgsten Verfolger geschlüpft. Patzen die jeweiligen Spitzenreiter, wollen die Eisernen zur Stelle sein, den ganz großen Wurf vor Augen: Die Erste in der 2. Bundesliga, die Zweite in der Regionalliga – das wär’s.

Natürlich wäre das ein Traum, den Falko Grothe, Trainer der ersten Köpenicker Garnitur, von sich aus wohl nicht für die Öffentlichkeit formuliert hätte. Aber so weit hergeholt ist er auch nicht, schließlich rangieren beide Union-Teams auf dem zweiten Platz. In der Regionalliga fehlen fünf Punkte auf die Viktoria, in der Berlin-Liga sind es gerade einmal zwei, die auf den SC Staaken gut zu machen sind. Alles im Bereich des Möglichen, findet auch Grothe. Druck gebe es aber keinen. „In der Regionalliga spielen wir ja noch gegen Viktoria, aber selbst, wenn wir diese Partie gewinnen, sind wir immer noch auf einen Ausrutscher angewiesen. Wir gucken auf unsere Spiele und nehmen es einfach, wie es kommt.“ Der Coach der Eisernen Ladies sagt aber auch, dass der Aufstieg beider Mannschaften durchaus dem Anspruch des Vereins entspräche. Nicht zu vergessen: Noch ist nicht eindeutig formuliert, wie sich die Insolvenz des FC Viktoria 1889, ausgelöst durch den Absprung des Sponsors der Regionalliga-Elf der Herren, auf den Amateursport des Vereins auswirken wird. Noch ist er nicht betroffen, ob das im Falle des Aufstiegs in die 2. Bundesliga so bliebe, ist ungewiss.

Grothe: „Die Aufgabe gegen Erzgebirge Aue ist anspruchsvoll.“

Es darf sich jedenfalls auf eine spannende Spielzeit gefreut werden im Lager der Frauenfußball-Fans in Berlin. Zum Rückrunden-Auftakt erwartet Union am Sonntag, 3. März, die Mannschaft von Erzgebirge Aue. Obwohl der Tabellenstand keine Interpretationen zulässt, wer Underdog und wer Favorit ist, hält Grothe die Aufgabe für anspruchsvoll. „Unbequemer Gegner, zweikampfstark. Gehst du schnell in Führung, kann es ein schönes Spiel für uns werden. Wenn das nicht gelingt, wird einem die Partie gegen Aue sehr lang vorkommen.“ Union braucht also Geduld uns Spucke, doch zieht man den Verlauf der Vorbereitung in die Prognose mit ein, muss die zu einem Sieg für die Gastgeberinnen tendieren. Union gewann zunächst die stark besetzten Hallenturniere in Großkoschen und Wettin sowie den Budenzauber des BSC Marzahn. Der Test gegen die Zweitliga-Turbinen ging mit 1:3 verloren, dafür kegelte die Grothe-Elf Marzahn ungefährdet mit 3:0 aus dem Polytan-Cup. Gegen den tschechischen Zweitligisten Olympia Stettin und die U17-Jungs von Fortuna Pankow wurde sich ein Remis erarbeitet und gegen den Tabellenführer der Brandenburgischen Landesliga FSV Babelsberg 74 gelang ein 6:1-Kantersieg. Zuletzt musste zwar noch ein 0:1 gegen die sehr robuste Regionalliga-Truppe des 1. FC Nürnberg geschluckt werden, Grothe war dennoch zufrieden mit der Testphase.

Großes Pech: Lisa Görsdorf, Abwehrchefin des 1. FC Union Berlin, zog sich beim Test gegen die U17 von Fortuna Pankow einen Kreuzbandriss zu. Foto: Matthias Vogel

Während der Vorbereitung bewies Neuzugang Nadia Pearl, ehemalige Jugendnationalspielerin Neuseelands, dass sie das Zeug dazu hat, „ein Wörtchen um die Stammelf“ mitzureden, wie es Grothe formulierte. Lisa Heiseler, nach der vergangenen Saison noch zur Berliner Fußballerin des Jahres gekürt, hat sich von ihrem Kreuzbandriss erholt und bis auf die Spiele die Vorbereitung voll durchgezogen. „Sie wird jetzt in der Zweiten Spielpraxis sammeln und dann hoffentlich schnell zur Offensivfraktion der Ersten stoßen“, sagte Grothe. Eine, die in der Vorbereitung ebenfalls einen glänzenden Eindruck hinterlassen habe, sei Außenverteidigerin Elisa Schindler. Verzichten müssen die Eisernen erst einmal auf Top-Torjägerin Elisa Emini (10 Treffer), die in freudiger Erwartung ist, und auf Lisa Görsdorf, die sich im Spiel gegen die männlichen Fortunen einen Kreuzbandriss zuzog. „Sportlich sehr bedauerlich, sie hat jedes Vorrundenspiel 90 Minuten lang gespielt. Menschlich aber noch viel mehr, weil ihr genau das gesundheitlich endlich mal gelungen war“, so Grothe.

Zuletzt grassierte die Grippe in Köpenick, weshalb die Mannschaft morgen gegen Aue weiter ihr Gesicht im Vergleich zur Vorrunde verändern wird. Der große Vorteil bei Union: Es gibt einfach sehr viele Regionalliga taugliche Spielerinnen im Verein, auch eine Grippewelle kann aufgefangen werden. „Ist ja auch kein Dauerzustand. Bald sind wieder alle an Bord.“ Anpfiff ist am Sonntag, 3. März, um 13 Uhr auf dem Rasenrechteck an der Dörpfeldstraße 89. Die Zweite empfängt Borussia Pankow auf dem Kunstrasenplatz in der Hämmerlingstraße 80, Alte Försterei. Dort rollt die Kugel ab 11 Uhr.

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