Leuchtrakete über Marzahn
* Lebenszeichen aus dem Tabellenkeller: BSC gewinnt gegen Jenas Zweite

von Matthias Vogel

Aus ihrem auf unruhiger Regionalliga-See in Not geratenen Schlauchboot haben die Fußballerinnen des BSC Marzahn am Sonntag eine dicke Leuchtrakete in den Berliner Nachmittagshimmel gejagt. Der überraschende 4:2-Sieg gegen den FF USV Jena 2 signalisiert: „Wir leben noch!“

Marzahn. Und eigentlich musste das Lebenszeichen auch gesetzt werden, um nicht völlig im Abstiegsstrudel der Liga zu verschwinden. Dass es ausgerechnet gegen den zweiten Anzug aus Jena zum Sieg reichte, kommt für Außenstehende unerwartet, die junge Zweitliga-Reserve spielte bis dato schließlich eine Top-Saison. Für Marzahns Sprecherin Franziska Schöber kam der Dreier gar nicht einmal so überraschend: „Mit Ausnahme des Stern-Spiels haben wir in den vergangenen Wochen durchaus ansprechende Leistungen gezeigt, sie uns aber durch grobe Patzer in der Abwehr und schlechter Torquote selbst kaputt gemacht.“

Nun also der Coup. Und der hatte auch mit einer Umstellung durch Harald Lindner zu tun. Der BSC-Coach beorderte zum einen Mittelfeld-Ass Stefanie Henke links in die Viererkette zurück, „um mehr Tempo in die Abwehr zu bekommen“, wie Schöber erklärte. Und er ließ Routinier Madlen Kampe und Vildane Elezi erstmals zusammen auf der Doppelsechs spielen. Den Effekt beschrieb Schöber so: „Die Mitte war zu, Jena konnte nur mit langen Diagonal-Bällen agieren und unsere Abwehr und Torhüterin Cecilia Kuntz haben alles abgelaufen, was abzulaufen war.“

 

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Marzahns Spielführerin Paula Schöber trug mit zwei Treffern und einer Torvorlage maßgeblich zum ersten Saisonsieg bei. Foto: Matthias Vogel

Trotzdem unterliefen dem BSC Marzahn wieder seine individuellen Fehler, die Jena zur zweimaligen Führung durch Felicitas Mauersberger (15.) und Jo Klinger (24.) nutzte. Der zwischenzeitliche Ausgleich gelang Philia Henning, die zu Saisonbeginn von Sparta Lichtenberg kam und nach Verletzung ihr Debüt in der Regionalliga gab. Jena brachte den Ball nicht aus der Gefahrenzone und Henning zog aus halblinker Position, 18 Meter vor dem Tor aus der Drehung ab und traf ins Schwarze (22.). Die eigentliche Wende war aber das 2:2 durch Paula Schöber nach etwa einer halben Stunde, das die Marzahner Kapitänin ähnlich erzielte, wie zuvor Henning, nur von der anderen Seite. „Das Tor hat uns richtig Mut gemacht, deshalb haben wir uns zur Pause gedacht: Das können wir heute gewinnen“, sagte Franziska Schöber.

Zappelnde Belegschaft

Wer so etwa eine Viertelstunde vor Schluss einen Blick auf die Marzahner Coaching-Zone geworfen hat, sah eine vor Ungeduld zappelnde Marzahner Belegschaft. Paula Schöber hatte den BSC mit einem herrlichen und unhaltbaren Freistoß in Führung geschossen (61.) und nun hätten Ein- und Auswechselspielerinnen, Trainer und Betreuer gerne ein wenig an der Uhr gedreht. „Wir hatten dann auch zehn Minuten einen Hänger, während dessen Jena aufkam“, sagte Franziska Schöber. Alle Nase lang habe jemand gefragt, wie lange denn noch zu spielen sei. In der 82. Minute hatte Alina Cibusch dann genug von der Zitterpartie. Eine Schöber-Ecke köpfte sie zum erlösenden 4:2 in die Jenaer Maschen. Damit sorgte sie nicht nur für Ruhe auf der Bank, sondern krönte auch ihre herausragende Leistung an diesem Tag. „Sie hat da in der Abwehr wirklich aufgeräumt“, lautete das Lob der BSC-Sprecherin. Das Statement des Tages kam einen Tag nach dem Spiel von Stefanie Henke, weil es die derzeitige Situation in Marzahn erahnen lässt: „Ein toller Spieltag für uns. Aber wir waren nach dem Abpfiff alle so verhalten, weil keiner wusste, wie man sich freut.“

In Anbetracht der geposteten Social-Media-Pics aus der Kabine haben die Marzahnerinnen sich wohl doch noch erinnert, wie das geht und ihren ersten Saisonsieg gebührend gefeiert. Dennoch muss das nüchterne Fazit lauten: Dieser Sieg war nur der erste Schritt. Marzahn hat nur wegen dieses Sieges vier Punkte auf dem Konto, das sind immer noch drei weniger als Erzgebirge Aue auf dem ersten Nichtabstiegsplatz hat. Nächste Woche gastiert die Lindner-Elf beim bislang punktlosen Tabellenletzten 1. FFC Fortuna Dresden. Eine gute Gelegenheit, die nächste Leuchtrakete abzufeuern? „Ja“, sagt Franziska Schöber. „Aber wir müssen auf die Euphorie-Bremse steigen. Das wird alles andere als ein Selbstläufer. Auch für Dresden geht es um alles.“


BSC Marzahn – 1. FFC Fortuna Dresden 4:2 (2:2). Marzahn: Kuntz, Schöber, Henke, Elezi (Fansel), Mundstock, Panten, Rasche, Platte (68. Biele), Henning (56. Pankow), Cibusch, Kampe. Tore: 0:1 Mauersberger (15.), 1:1 Henning (22.), 1:2 Klinger (24.), 2:2 P. Schöber (31.), 3:2 Schöber (61.), 4:2 Cibusch (82.). Schiedsrichterin: Sarah Hartmann. Zuschauer: 70.

Titelbild (Matthias Vogel): Alina Cibusch machte in der Abwehr eine bärenstarke Partie und mit dem 4:2 auch den Deckel auf den Marzahner Sieg.

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