von Matthias Vogel
Jetzt wird es interessant. Der Kader des SFC Stern 1900 füllt sich endlich wieder, zeitgleich bekommen die Regionalliga-Kickerinnen aus Steglitz reihenweise die Schwergewichte der Liga vor die Nase. Leipzig heißt das Ausflugsziel am morgigen Sonntag, 6. Oktober. Dort warten um 14 Uhr hungrige, starke Rasenballsportlerinnen auf die Reisegruppe aus Berlin.
Steglitz/Leipzig. Das gehört zu den spannenden, schönen Sachen im Leben einer Regionalliga-Spielerin: Mit dem Mannschaftsbus zum Auswärtsspiel. Nicht wie einst die Herren von Club Italia nur um die Ecke zum Bezirksderby, die Charterei muss schon Sinn machen. Nun geht es beispielsweise nach Leipzig, morgens um 9 Uhr. Also schön in die Decke einmümmeln, Kaffee zur Hand und den Wies’n-Besuch in München Revue passieren lassen. Allzu gemütlich sollten es sich die Sterne allerdings nicht machen, denn die Wettervorhersage für das Ausflugsziel kündet weniger von ruhiger (Wann)See im Sommer, als vielmehr von einer steifen Dauerbrise a la Hartzer Brocken im Herbst. RB Leipzig zählt zu den ganz heißen Anwärtern auf die Meisterschaft. Daraus wird Vorort generell kein Hehl gemacht und auch auf dem Platz und am Spielfeldrand bekommen die Gegner Ambitionen, Ehrgeiz und Aggressivität zu spüren. Adel verpflichtet eben, der renommierte Verein möchte die Frauen eher über kurz als über lang auf das Niveau der Männer führen – schon ein Punktverlust gegen Stern passt da so gar nicht ins Konzept.
Magdeburger Drangperiode mit 0:1 überlebt.
„Dazu ist diese Mannschaft hervorragend ausgebildet und wird ihr Positionsspiel noch konsequenter und druckvoller aufziehen als Magdeburg“, sagt FC-Coach Harald Planer. Gegen den Magdeburger FFC hatte sein Team vor zwei Wochen mit 0:2 den Kürzeren gezogen und war speziell in den ersten 20 Minuten hoffnungslos überfordert. „Diese Phase haben wir mit Ach und Krach mit 0:1 überlebt“, hatte Planer damals resümiert. Angesichts der Überlegenheit des Gegners war der weitere Spielverlauf kurios. Magdeburg musste dem hohen Tempo der ersten Hälfte ordentlich Tribut zollen und der FC Stern kam doch noch zu seinem Konterspiel. „Wir hatten wirklich richtig dicke Chancen zum Ausgleich“, erinnert sich der Trainer. Das 0:2 war dann wieder ein Beleg für die Qualität des FFC. Planer: „Ein Konter wie aus dem Bilderbuch.“

Und schon lässt sich doch erahnen, wie die taktische Marschroute der Steglitzerinnen am Sonntag aussehen muss: Die Sturm- und Drang-Phase der Gastgeberinnen schadlos überstehen, „und dann Nadelstiche setzen“, wie Planer sagt. Dafür kommt unter anderem die Rückkehr der schnellen Emina Wacker auf den Spielberichtsbogen natürlich wie gerufen.
Harald Planer ist auch als Psychologe gefordert
Planer ist dieser Tage auch stark als Psychologe gefordert. Es tritt nun ein, was alle wussten. Etablierte Kräfte – immerhin fehlte dem Coach fast eine komplette Mannschaft – werden ins Team zurückkehren, Spielerinnen aus der zweiten Reihe, mitverantwortlich für die passable Beute von neun Punkten, müssen unter Umständen wieder auf der Bank Platz nehmen. Planer muss viel reden, moderieren, motivieren und trösten. Hoch interessant sind seine Überlegungen aus dem Hinterstübchen, Resultat seiner positiven Art und der Mentalität, die er nun im siebten Jahr seiner Elf einhaucht: „Rein statistisch gesehen, werden wir gegen solche Teams immer schlecht aussehen. Aber jede Statistik hat ihre Delle und warum sollte sie nicht durch genau dieses Spiel entstehen?“ Vereinfacht: Von zehn Vergleichen mag Leipzig vielleicht neun gewinnen, einen aber eben nicht. Gar nicht erst das Negative verschreien, auch auf des Großkalibers Platz an sich und den Erfolg glauben, so lautet die Sterner Devise.
Wegen dieser sportlich-sinnvollen und sympathischen Herangehensweise dürfen zumindest die Berliner Frauenfußball-Fans den Sterner Mädels dieses letzte Bild ihres Ausflugs gönnen: Abfahrt aus von der Sportschule an der Leipziger Abtnaundorfer Straße 47 um 17 Uhr, auf die Mümmeldecke gepfiffen, Musik an, Bier zur Hand und den Erfolg bei RB Revue passieren lassen.
Titelbild: Die schnelle Emina Wacker (li.) ist zurück, das kommt dem Umschaltspiel der Sterne sehr gelegen. Foto: Matthias Vogel
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