Kracher ante portas!
Türkiyemspor empfängt SC Staaken: mehr Spitzenspiel geht fast nicht

Der Zweite empfängt den Ersten in seinem Wohnzimmer, die Anstoßzeit ist exklusiv und auf dem Feld tummeln sich jede Menge Spielerinnen, die zu Höherem berufen waren oder sind – das Gastspiel des Aufsteigers SC Staaken bei Türkiyemspor am Samstag, 6. Oktober, bringt alle Voraussetzungen für das ganz große Frauenfußball-Spektakel mit.

Kreuzberg. Es soll Besucher geben, die sich in fremden Wohnungen einfach nicht zu benehmen wissen. Genau so einer möchte Klassenprimus SC Staaken am kommenden Samstag sein. Den beiden Kreuzberger Top-Spielerinnen Erika Szuh und Aylin Yaren wird nicht der Respekt zuteil, eine Sonderbewacherin abgestellt zu bekommen, kündigt SC-Trainer Stephan Illmann an. Vielmehr setzt er auf die Qualitäten des eigenen Kaders, will auch im Jagdrevier des ärgsten Widersachers offensiv agieren lassen und rotzfrech Beute machen.

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Spielt Erika Szuh (am Ball) oder nicht? Gegen Borsigwalde saß Türkiyems Top-Spielerin nur auf der Bank. Foto: Matthias Vogel

Warum auch nicht das Visier hochklappen? Schließlich hatte sich nicht nur der Gegner für die laufende Saison prominent verstärkt, auch Staaken tobte sich ordentlich auf dem Transfermarkt aus: Monika Sinka kam beispielsweise vom Zweitliga-Absteiger Hohen Neuendorf – nur eine von einem halben Dutzend Neuen im Kader. Illmann ist es dazu offenbar auch gelungen, das Plus an Klasse vom Papier auf den Platz zu bringen: Volle Punktzahl nach sechs Spieltagen, 18 Kisten gemacht, nur einen Gegentreffer kassiert, Platz an der Sonne. Da kann man schon einmal auf’s Ganze gehen, zumal es zumindest im Fußball ja völlig legitim ist, dem Gastgeber mit Absicht auf den Teppich zu aschen.

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Stechen Staakens schnelle Außen? Maxi Woelke liebt es, wenn sie Platz hat. Foto: Matthias Vogel

Hausherr Murat Dogan sieht die Ambitionen Illmanns gelassen, wie es eben so seine Art ist. Im Gegenteil: Er freue sich, dass die Liga auch durch den SC Staaken stärker geworden ist und das sich auch im Westen der Stadt etwas tue. „Das bekommt dem Frauenfußball gut und darum geht es uns allen ja auch“, sagt der Türkiyemspor-Coach. Guten Fußball wolle er sehen, zusammen mit möglichst vielen Zuschauern, und am Ende könne auch der SC Staaken gerne gewinnen, so er denn das stärkere Team stelle. Es darf Dogan abgekauft werden, dass ihm das Drumherum und der Sportsgeist wichtig sind. Aber gewinnen will er schon auch. „Zuhause haben wir ja noch eine weiße Weste, das soll so bleiben.“ Wer bei Staaken aufläuft und wie generell der Gegner spiele, das kümmere ihn wenig. „Wie bislang unschwer zu erkennen war, liegen unsere Stärken in der Offensive. Darauf werden wir uns besinnen. Wir spielen zuhause und wollen dem Gegner unser Spiel aufdrücken.“ Im Prinzip prallen also zwei ähnliche Philosophien im Katzbachstadion aufeinander. Wie geschrieben: Beste Voraussetzungen für ein Spektakel.

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Jung, schnell, trickreich: Arzum Eren (am Ball) entwickelt sich im Schatten der gestandenen Spielerinnen prächtig. Drei Saisontore hat sie schon auf dem Konto. Foto: Matthias Vogel

Stephan Illmann ist bezüglich der Gegnerbeobachtung anders unterwegs als Dogan. Dreimal hat er Türkiyemspor schon zugesehen in dieser Saison. Und will vor der Gipfelkonferenz am Samstag noch unbedingt in Erfahrung bringen, warum Erika Szuh im letzten Spiel der Kreuzbergerinnen in Borsigwalde nicht gekickt hat und ob sie nun aufläuft. „Ich denke, ich sehe mir noch ein Training von denen an“, sagt er. „Wenn ich etwas mache, dann zu einhundert Prozent.“ Dogan hielt sich bedeckt, was den Kader vom Wochenende anbelangt. Nur so viel: „Ich habe leider nicht alle am Start, einige sind krank, einige verletzt.“ Staaken kommt mit Ausnahme von Jasmin Gehring mit der vollen Kapelle. Gehring zog sich vor zwei Wochen einen Kreuzbandriss zu, muss in dieser Woche noch unters Messer und fällt voraussichtlich für den Rest der Saison aus.

Gesucht: Die Nummer eins auf Verbands-Ebene

Illmann glaubt, der große Rasenplatz im traditionsreichen Türkiyemspor-Stadion – heute offiziell Willy-Kressmann-Stadion genannt – käme eher seiner Mannschaft zugute als den Gastgeberinnen. Und er sagt, der Druck liegt bei Türkiyemspor, weil ja selbst bei einer Niederlage der Vorsprung seiner Elf immer noch einen Punkt betragen würde. Dogan glaubt, dass die Tagesform entscheidet, auch wenn er nicht aus dem kompletten Kader schöpfen kann. „Jedes Spiel schreibt seine eigene Geschichte, man weiß nie genau, was passiert.“ Wer wissen will, wer die aktuelle Nummer eins im Frauenfußball auf Berliner Verbands-Ebene ist und wer sich wie benommen hat: Anstoß im Türkiyemspor-Wohnzimmer an der Dudenstraße 40 ist um 14 Uhr.

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Kreuzbandriss: Staakens Top-Torschützin Jasmin Gehring (drei Treffer) ist zum Zuschauen verdammt.

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von Anders Noren.

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