Kalt wie Hundeschnauze
Viktoria zieht junger Hohen Neuendorfer Elf mit Toren zur rechten Zeit den Zahn

von Matthias Vogel

Die generalüberholte Elf des SV Blau-Weiß Hohen Neuendorf konnte im Regionalliga-Derby gegen den FC Viktoria 1889 Berlin nur in den ersten 45 Minuten Schritt halten. Danach waren die Viki-Girls Chef im Ring. Am Ende hieß es 5:0 für den Tabellenführer.

Hohen Neuendorf. Ohne Druck und mit viel Spaß am Fußball wollte das junge Hohen Neuendorfer Team die Aufgabe gegen den derzeit Klassenbesten angehen. Der wiederum wollte seine weiße Weste wahren, um mit ganz dickem Selbstbewusstsein am kommenden Wochenende beim 1. FC Union Berlin vorzuspielen. Zwei Intentionen, die sich schlecht miteinander vereinbaren lassen. Zunächst sah es so aus, als könnte der SV das ärmellose Viktoria-Jäckchen durchaus beschmutzen. Gäste-Trainer Roman Rießler beschrieb das Treiben bis Mitte der ersten Hälfte so: „Hohen Neuendorf hat es geschafft, uns unter Druck zu setzen und wir hatten da nicht immer die richtige Lösung parat. Das hat mir nicht so gut gefallen.“

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Die Derby war von beiden Seiten engagiert geführt, für echte Aufregung sorgte allerdings nur dieses Foul der letzten Frau Emily Stöckert an Franziska Schulte, das nur mit der gelben Karte geahndet wurde. Foto: Matthias Vogel

Wohlgemerkt: Sein Team lag nach 20 Minuten trotzdem mit 2:0 in Front, was Hohen Neuendorfs Coach Rene Zampich der Unerfahrenheit seiner Truppe zuschrieb: „Zwei Fehler von uns, die Viktoria clever ausgenützt hat. Zwei sehr unglückliche Gegentore.“ Für das erste zeichnete Luisa Trapp verantwortlich, das zweite besorgte Anja Kähler per Sonntagsschuss. An der Strafraumgrenze, zentrale Position, bekam die Lichtenfelder Goalgetterin den Ball auf den linken Schlappen und der Ball schlug im Giebel des SV-Gehäuses ein. „Sonntagsschuss“, sagte Rießler. Komfortable Pausenführung also für den Favoriten, wenn auch nicht bedingungslos verdient – beide Trainer sprachen von einer sehr ausgeglichenen ersten Hälfte.

Traumpass von Eyline Jakubowski

Richtig zu strahlen begann Viktorias Weste nach dem vorletzten Aufbäumen der Zampich-Elf. Über rechts hatte Hohen Neuendorf einen schönen Angriff vorgetragen, an dessen Ende der Ball zu Patrycja Pozerska in der Mitte gelangte. Haken nach rechts, Haken nach links, dann zischte ihr Schuss knapp über den Kasten der Viki-Girls. Die forcierten dann ihr Flügelspiel – und wie. Immer wieder brachen entweder Dilara Türk über links oder Louisa Trapp über rechts durch, stets wurde es brandgefährlich vor dem Hohen Neuendorfer Tor. Nach knapp einer Stunde war es dann soweit, ein märchenhafter Flugball von Eyline Jakubowsky – gut und gerne 40 Meter lang – landete in Trapps Lauf, die auf und davon sprintete und nach innen spielte. Über Umwege landete das Zuspiel bei Hülya Kaya und die schlenzte den Ball halbhoch in die rechte Ecke – 3:0.

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Trainer Rene Zampich hat sicher noch viel zu tun, entmutigt hat ihn die Niederlage gegen Viktoria aber keineswegs. Foto: Matthias Vogel

Wie Kaya blieb auch Beslinda Shigjeqi später im Eins-gegen-eins gegen die erst 15-jährige SV-Torhüterin Sara Kierul „kalt wie Hundeschnauze“. Erst schüttelte sie ihre Gegenspielerin ab und dann schob sie zum 4:0 ein (83.) – ihr zweites Joker-Tor in dieser Saison. Zwischen den beiden Treffern hätte Hohen Neuendorf verkürzen können, wieder kam der SV über rechts, diesmal bediente Svea Kurrek Kollegin Yasmin Ben Houssine mustergültig im Zentrum, deren strammer Flachschuss aber das Tor knapp verfehlte. Unbejubelter Schlusspunkt war ein Eigentor von Emely Stöckert, die einen auftippenden Ball über ihre herauseilende Keeperin in die Maschen köpfte. Kommunikationsproblem, der letzte Beleg an diesem Tag für Zampichs Fazit: „Die Mädels sind eben noch unerfahren. In der zweiten Halbzeit hat sich der Unterschied zu einer eingespielten Mannschaft wie Viktoria deutlich gezeigt. Ist aber nicht weiter schlimm, wir brauchen einfach noch ein bisschen Zeit.“

Rießler war vom Spiel nach vorne durchaus angetan, die Arbeit seiner Mannschaft gegen den Ball missfiel ihm teilweise. „Wir waren im Zentrum heute häufig zu offen. So etwas wird gegen Union bestraft.“ Die Gedanken des Coaches kreisten also bereits um das Gipfeltreffen mit den Eisernen Ladies am Sonntag, 23. September, die im zweiten Derby dem BSC Marzahn eine 7:0-Abfuhr verpassten und wie die Viktoria bislang alle zwölf möglichen Punkte holten. Es ist angerichtet, mindestens eine der weißen Westen bekommt am nächsten Wochenende Flecken.


SV Blau-Weiß Hohen Neuendorf – FC Viktoria 1889 Berlin 0:5 (0:2). Hohen Neuendorf: Kierul, Scheffler, Stöckert, Kurrek (70. Grosch), J. Pantelmann, Houssine, Büttner (77. Resing), Buchwalder, Nicinski, C. Pantelmann (65. A. Heinrich), Pozerska. Viktoria: Buchholz, Agac (84. Kleinfeld), Fandre, Kaya, Türk (65. Barsalona), Purps, Sänger, Schulte, Jakubowski, Trapp, Kähler (70. Shigjeqi). Tore: 0:1 Trapp (12.), 0:2 Kähler (21.), 0:3 Kaya (58.), 0:4 Shigjeqi (83.), 0:5 Stöckert (ET, 86.). Schiedsrichterin: Sabrina Frischmuth. Zuschauer: 150.

 

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