von Matthias Vogel
Die Saison mit einem Höhepunkt zu starten, das ist schon besonders. Die Regionalliga-Fußballerinnen des FC Viktoria 1889 Berlin reisen am Sonntag, 12. August, zum Gastspiel beim Herforder SV. Und sie sind wild entschlossen, die erste Runde des DFB-Pokals zu überstehen. Die Kugel rollt ab 14 Uhr.
Viktoria-Coach Roman Rießler wird am Morgen in einige zerknautschte Gesichter schauen – wenn er denn selber schon die Augen aufbringt. Um 7.15 Uhr startet der Bus mit den Viki-Girls nach Nordrhein-Westfalen – schlappe 367 Kilometer sind es vom heimischen Stadion Lichterfelde bis zum Ort des DFB-Pokal-Fights in der Herforder Dennewitzstraße. Doch der Zweck heiligt alle Strapazen. Das Spiel ist mehr als nur der Bonus für die großartige jüngste Saison. Ein bisschen ist es auch ein Prestige-Duell für den Berliner Frauenfußball. Ein bisschen mehr – jedenfalls für Rießler – ist es ein Härtetest für die in der kommenden Woche startende Meisterschaft, bei der sein Team vorne mitmischen soll. Vor allem ist die Partie aber die erste Hürde auf dem Weg zu einem sehr ehrgeizigen Ziel: „Wir wollen in Sphären vordringen, die der Verein noch nicht kennt“, sagt Rießler. Im Klartext: Viktoria möchte nicht nur die zweite, sondern auch die dritte Runde des DFB-Pokals erreichen. Das wäre neu in der Vereins-Historie.

Die Chancen, zunächst einmal den Herforder SV Borussia Friedenstal aus dem Wettbewerb zu kegeln, sind nach Rießlers Einschätzung nicht schlecht. Zum einen stieg der Gastgeber nach der vergangenen Spielzeit recht deutlich aus der 2. Bundesliga in die Regionalliga West ab. Und der Viki-Coach rechnet eher mit einem sportlich gebeutelten als mit einem hoch ambitionierten Gegner. Zum anderen ist der Viki-Motor seit dem Trainingslager wieder auf Touren, nachdem er in den ersten drei Wochen der Vorbereitung nur auf drei Zylindern lief. „Das 1:3 gegen Wolfsburg II war wirklich achtbar und auch im Training habe ich zuletzt eine Weiterentwicklung gesehen“, konstatiert Rießler. Wie sich Herford auch präsentieren mag, seine Viktoria soll ihren Spielstil durchdrücken. „Wir wollen die Begegnung dominieren. Es ist mir wichtig, dass wir das auch gegen so einen Gegner versuchen“, sagt der Trainer. Nichts Neues also, möglicherweise abgesehen von der Passqualität, an der eifrig gefeilt wurde, weil der Coach künftig das Spiel schneller und sicherer verlagert sehen möchte, wenn sich die Gelegenheit bietet.

In beachtlicher Frühform befindet sich Marlies Sänger, laut Rießler heulte sie beim besagten Test in gleicher Tonlage mit den Wölfinnen. Gut für Viktoria, wenn sie voran gehen kann, denn wegen der Babypause von Stephanie Gerken trägt das 23-jährige Mittelfeld-Ass jetzt die Kapitänsbinde hauptamtlich. „Richtig Bock“ habe die ganze Mannschaft auf das Pokal-Spiel, sagt sie. „Und wir wollen unbedingt gewinnen.“ Ihre persönliche Motivation: In einer der nächsten Runden einen richtig großen Gegner vor die Flinte zu bekommen. „Das wäre schon cool.“ Mit im DFB-Bus sitzt auch Paula Eigenberger. Die hätte sich das bis vor Kurzem noch nicht träumen lassen. „Habe ich aus der Zweiten hochgezogen und sie ist sicher die größte Überraschung der Vorbereitung“, sagt Rießler. Drei Spielerinnen hätten wegen Urlaubs noch Nachholbedarf, ansonsten reise die volle Kapelle nach Herford. Und der bleibt zu wünschen, die Heimreise mit strahlenden anstatt erneut zerknautschten Gesichtern antreten zu dürfen.
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