Den Tick besser

Tolle Spielzüge, packende Zweikämpfe, viele Strafraumszenen – das Regionalliga-Derby zwischen Stern und Viktoria am letzten Spieltag war beste Werbung für den Frauenfußball. Die Punkte gingen nach Lichterfelde, das Tor des Tages erzielte Viktorias Spielführerin Marlies Sänger.

Steglitz. Selten haben zwei Trainer ein Geschehen auf dem Platz genauer prophezeit: Die Gäste brachten die bessere Spielanlage mit nach Steglitz, Stern war vor allem in der ersten Hälfte mit Tempogegenstößen brandgefährlich – unisono von Stern-Coach Harald Planer und Viktoria-Trainer Roman Rießler im Vorfeld des Bezirksderbys so beschrieben. Die Planer-Elf hätte dank ihres schnellen Umschaltspiels der Partie schon nach zwei Minuten einen komplett anderen Stempel aufdrücken können. Glänzend steil geschickt, zog Jaqueline Behrends aus halblinker Position von der Strafraumkante ab, Torhüterin Nathalie Kennin konnte das Geschoss nur abklatschen, für den Abstauber kamen erst Emina Wacker und dann Kristin Krömer eine Stiefelspitze zu spät. „Den müssen sie machen“, kommentierte Rießler nach dem Spiel diese Szene. Den nächsten Überfall startete Stern zehn Minuten später. Am Ende einer blitzschnellen Kombination lief Wacker mit der „Kugel im Lauf“ alleine auf die „Schalterbeamtin“ Kennin zu, die brachte aber unaufgefordert und rechtzeitig die „Hände hoch!“ – Wacker musste beeindruckt und ohne Beute abdrehen.

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Hiergeblieben! Sterns Emina Wacker ist mit dem Ball am Fuß nicht immer nur mit legalen Mitteln zu stoppen. Foto: Matthias Vogel

Konterstärke von Stern? Abgehakt. Was war mit der von Planer angekündigten Effektivität von Viktoria? Wurde bewiesen. Kurz nach Wackers Großchance erhielt Marlies Sänger von rechts im Strafraum das Spielgerät, drehte sich um ihre Gegenspielerin herum und schoss. Ob nicht sauber getroffen oder Pressball, war nicht genau zu erkennen, jedenfalls senkte sich ihr Versuch als Bogenlampe über die verdutzte Torhüterin Nicole Bartholdi hinweg in die lange Ecke. Erster Angriff, 0:1, eine Viertelstunde gespielt. Doch, das ist effektiv. „Danach hat Viktoria die Schlagzahl mehr und mehr erhöht und uns stark in der Defensive gebunden“, fasste Sterns Trainer Harald Planer den weiteren Spielverlauf zusammen. Die befürchtete Dominanz Viktorias wurde zumindest im zweiten Spielabschnitt also auch tatsächlich ausgeübt.

Wohl dem, der eine Eylin Jakubowski einwechseln kann

Ein halbes Dutzend Mal tauchte die Rießler-Elf nach der Pause gefährlich vor Kennins Kasten auf, auch weil jetzt die eingewechselte Eylin Jakubowski richtig Betrieb machte. Ein ums andere Mal bediente sie ihre Kolleginnen mit blitzgescheiten, millimetergenauen Pässen durch die Schnittstellen der Vier-Sterne-Kette, alleine das Veredeln blieb aus. Beispielsweise, als Annika Mirring nach Jakubowskis Sahnezuspiel auch noch frech Bartholdi umkurvte, dann aber den Halt verlor und den Ball ans Außennetz setzte. Viktorias Topscorerin Anja Kähler hatte ebenfalls eine dicke Chance. Nicola Käpernick kam über die rechte Seite angesaust und passte nach innen, Kähler versuchte es direkt, ihr Schuss vom Elfmeterpunkt war aber etwas zu unplatziert und landete sicher in Bartholdis Fängen. Auch wenn Emina Wacker noch eine gute Gelegenheit für Stern auf dem Fuß gehabt hat (55.) – aufgrund des Chancenplus` ging der Sieg für die Gäste absolut in Ordnung. Da gab es keine zwei Meinungen.

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Schnittstellenpässe wie heiße Messer durch die Butter: Viktorias Mittelfeld-Ass Eyline Jakubowski (am Ball) zeigte sich im Derby von ihrer Schokoladenseite. Foto: Matthias Vogel

Bezüglich Viktorias Effektivität dann doch. „Wir müssen unsere Tormöglichkeiten besser nutzen, nicht nur heute“, sagte Rießler nach dem Spiel. „75 Saisontreffer sind zwar nicht wenig, aber es hätten deutlich mehr sein müssen. Die Mädels machen es sich unnötig schwer.“ Dieses Härchen in der Suppe kann Rießler nach der großartigen Saison seiner Elf (Platz 3) verkraften („Ich bin stolz auf diese Truppe“), genauso wie Aufsteiger Stern (Platz 5) ein knappes 0:1 gegen den etablierten Lokalrivalen als Erfolg werten darf. Ein packendes Derby war bestellt und die Spielerinnen haben geliefert. „Ein intensives Spiel mit unglaublich hohem Tempo, gerade bei diesen Temperaturen“, fand Harald Planer. So war es.


FC Stern 1900 – FC Viktoria 1889 Berlin 0:1 (0:1)

11 Sterne Deluxe: Bartholdi, Grundmann, Kuntz-Schönitz (48. Göttfried), Sange (46. Gierig), Schröder, Heuser, Wacker, Krömer (70. Widiger), Behrends, Sohr, Goll. Feuerrot statt himmelblau: Kennin, Gohlke, Käpernick, Fandre, Decker (75. Türk), Reh, Kähler, Kaya (39. Mirring), Purps, Sänger, Gerken (46. Jakobowski). Tor: Sänger (16.). Zuschauer: 80.

Überschattet wurde das Spiel von der Verletzung von Hülya Kaya. Viktorias Angreiferin bekam nach einer halben Stunde einen Schlag in den Bauch und wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. rasenperlen.com wünscht gute Besserung.

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von Anders Noren.

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